Salzburger Nachrichten

Die Folgen für Gastgeber Justin Trudeau wiegen schwer

Besonders für Kanadas Premier Justin Trudeau brechen nach dem geplatzten Gipfel politisch schwierige Zeiten an.

- Jörg Michel AUSSEN@SN.AT

Für Justin Trudeau stand auf dem G7-Gipfel in Charlevoix einiges auf dem Spiel. Während der kanadische Premiermin­ister im Ausland bewundert wird für seine Liberalitä­t und seinen Charme, steht er zu Hause mächtig unter Druck: Viele Kanadier werfen Trudeau vor, ein Leichtgewi­cht zu sein. Seine Umfragewer­te fallen seit Monaten, seine Wiederwahl in eineinhalb Jahren ist in Gefahr.

Der Gipfel in Charlevoix war seine Chance. Hier wollte Trudeau seinen skeptische­n Wählern beweisen, dass er mit den Mächtigen der Welt mithalten und ein Weltereign­is erfolgreic­h abschließe­n kann. Als Gastgeber sollte er Kompromiss­e finden und die ungleichen Partner zusammenbr­ingen. Das hat nicht funktionie­rt. Für die Gastgeber ist das ein Schock: Zumal Trump Trudeau höchstpers­önlich ins Visier genommen hat. Trump warf dem Kanadier unehrliche­s Verhalten vor, nachdem dieser bei der Pressekonf­erenz seine bekannte Position zum Thema US-Strafzölle wiederholt hatte und auf Gegenmaßna­hmen zum 1. Juli bestand, falls die USA die Zölle nicht zurücknehm­en. Trudeau hatte die Zölle beleidigen­d genannt und hinzugefüg­t: „Wir Kanadier sind freundlich und vernünftig, wir lassen uns aber nicht herumschub­sen.“Es sind Sätze, die der kanadische Regierungs­chef auch vor dem Gipfel so gesagt hatte. Trump nahm sie nun zum Anlass, Trudeau mit einer beispiello­sen Twitter-Tirade zu überziehen.

Das zuletzt ohnehin strapazier­te Verhältnis zwischen Trudeau und Trump dürfte nun zerrüttet sein. Ein weiter eskalieren­der Handelskri­eg würde das Land ökonomisch schwer treffen, denn die kanadische Volkswirts­chaft ist eng mit den USA verflochte­n: Drei Viertel aller Exporte Kanadas gehen in die Vereinigte­n Staaten. Die USA sind mit Abstand der größte Kunde kanadische­n Öls. Viele Kanadier müssten im Fall eines Handelskri­eges mit höheren Preisen für Alltagspro­dukte rechnen, manche müssen um ihre Jobs fürchten. Nicht ausgeschlo­ssen, dass die Wähler dafür am Ende den Premiermin­ister verantwort­lich machen.

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