Trump bereitete Kim einen großen Auftritt
Der US-Präsident flog um die halbe Welt, um einen Diktator zu treffen. Die Herren verstanden sich blendend. Das war’s.
Die Welt erlebte Politiktheater. Donald Trump, Präsident der USA, und Kim Jong Un, Machthaber in Nordkorea, reichten sich die Hände. Sie lächelten, machten einander Komplimente und Trump gab bekannt, dass man soeben den Beginn einer wunderbaren Freundschaft erlebe.
Kim strahlte voller Stolz, was nicht erstaunt. Vor wenigen Monaten noch war er ein eingebunkerter Despot, ein Herrscher über einen Schurkenstaat, ein Geächteter, dem Menschenrechtsverletzungen und Grausamkeiten sonder Zahl vorgeworfen wurden. Alles vergessen und vorbei. „Ich vertraue Kim“, schmeichelte Trump, dem das Treffen „eine Ehre“war. Und Kim sagte: „Wir haben beschlossen, die Vergangenheit hinter uns zu lassen.“
Ansonsten unterzeichneten die beiden Herren eine gemeinsame Erklärung, die bereits vorlag. Selbst verhandelt haben sie nichts, es ging – wie Trump im Vorfeld treuherzig meinte – erst einmal ums Kennenlernen.
Trotzdem aber machten die Vereinigten Staaten von Amerika einige Zugeständnisse. Nordkorea machte vage Versprechungen. Trump kündigte an, die „sehr provokanten“und „sehr teuren“gemeinsamen Militärmanöver mit Südkorea zu beenden, und konnte sich sogar einen Rückzug der amerikanischen Truppen – und damit der Sicherheitsgarantie für den Verbündeten Südkorea – vorstellen. Kim wiederholte nur erneut, auf eine „Denuklearisierung der Koreanischen Halbinsel“hinarbeiten zu wollen. Was das bedeutet, wie und vor allem wann es geschehen soll, blieb wie bisher völlig offen.
Das Ergebnis des Treffens zwischen dem amerikanischen Präsidenten und dem nordkoreanischen Diktator in Singapur entzieht sich einer ernsthaften Bewertung. Ob sich daraus etwas Historisches entwickelt, liegt im Dunkeln.
Jedenfalls ist es Kim Jong Un gelungen, sich aus der internationalen Verbannung zu befreien. Möglich, dass die nun angekündigten Gespräche beider Länder in den nächsten Monaten und Jahren tatsächlich einen Abbau des nordkoreanischen Nuklearprogramms bringen. Möglich auch, dass alle Erwartungen in der Sekunde platzen wie so viele Deals, Versprechungen und Pläne des Donald Trump.
Beruhigend immerhin, dass vorerst weder da noch dort mit Atomraketen gerasselt wird, wenn auch der Weg unüblich war: Normalerweise wird erst verhandelt und dann unterzeichnet. In diesem Fall gab es erst das Treffen, verhandelt wird später.