Putin nicht nur verdammen
Zu „Zwischen Staatskunst und Schlawinertum“(SN vom 6. 6.):
Die Redakteure A. Koller und M. Stricker dürften mit ihren Leitartikeln einem Veitstanz erlegen sein, betreffend die Anwürfe gegen Präsident Putin. Da ist vom skrupellosen Kremlchef, vom Halbdespoten die Rede – eine Differenzierung zum Volldespoten wäre noch nachzuliefern! Die Begründungen dazu sind leider altbacken und demagogisch zugleich. Die Halbinsel Krim war bekanntlich in den letzten Jahrhunderten Teil des Zarenreichs mit mehrheitlich russischer Bevölkerung. 1954 anlässlich der 300-Jahr-Feier zwischen Russen und Ukrainern übertrug Chruschtschow (Ukrainer) die Halbinsel an die Republik Ukraine. Mit der Orangen Revolution 2014, vom US-Geheimdienst unterstützt, wurde der Wunsch auf der Krim, sich Russland anzuschließen, lauter, ein Volksentscheid sprach sich klar dafür aus.
Aus legislativer Sicht ist bis heute dieser regionale Volksentscheid anfechtbar. Putin wollte als Argumentation für eine Übernahme auf diesen Loyalitätsbeweis nicht verzichten. Für die KrimBevölkerung winkte zudem auch ein besseres Leben in der Russischen Föderation. Russland war Nachfolger der ehemaligen Sowjetflotte in Sewastopol, von diesem Stützpunkt ging die militärische Absicherung der Region aus.
Für den Abschuss eines malaiischen Zivilflugzeuges durch Russland, wie vom Westen behauptet, fehlt jede Begründung, jede Logik. Waren nicht die USA und Russland Kriegsverbündete, mit der gemeinsamen Strategie, den IS in Syrien zu vernichten? Dass im Bürgerkrieg die Amis in weiterer Folge die Opposition und die Russen al-Assad unterstützten, hatte globalstrategische Ursachen. Bei meinem Aufenthalt vor den Unruhen in Syrien war Assad als Alawite ein geachteter Staatsmann, das tägliche Leben auf der Straße verlief geordnet. Mit dem Bürgerkrieg mutierte er aus westlicher Sicht zum Despoten.
Russlands Durchschnittsbürger kannten seit Jahrhunderten nur die Knute von Klerus, Adel, Bojaren und danach vom Genossen Stalin, deshalb ist ihr Zugang zur Demokratie bis heute ambivalent und für ein autoritäres System anfällig. Russlands Vergangenheit mit Europa war nicht von Aggression geprägt. Die Mittelmächte bzw. Deutschland haben Kriege nach Osten getragen und wie im Zweiten Weltkrieg das Land über 20 Mill. Leben gekostet. Auch wir Österreicher haben Grund, uns dessen bewusst zu sein und Demut walten zu lassen. Welchen Herren o. a. Redakteure mit derartiger Häme dienlich sein wollen, sei dahingestellt … Dipl.-Ing. Hermann Hutter