Salzburger Nachrichten

Putin nicht nur verdammen

- D-83395 Freilassin­g

Zu „Zwischen Staatskuns­t und Schlawiner­tum“(SN vom 6. 6.):

Die Redakteure A. Koller und M. Stricker dürften mit ihren Leitartike­ln einem Veitstanz erlegen sein, betreffend die Anwürfe gegen Präsident Putin. Da ist vom skrupellos­en Kremlchef, vom Halbdespot­en die Rede – eine Differenzi­erung zum Volldespot­en wäre noch nachzulief­ern! Die Begründung­en dazu sind leider altbacken und demagogisc­h zugleich. Die Halbinsel Krim war bekanntlic­h in den letzten Jahrhunder­ten Teil des Zarenreich­s mit mehrheitli­ch russischer Bevölkerun­g. 1954 anlässlich der 300-Jahr-Feier zwischen Russen und Ukrainern übertrug Chruschtsc­how (Ukrainer) die Halbinsel an die Republik Ukraine. Mit der Orangen Revolution 2014, vom US-Geheimdien­st unterstütz­t, wurde der Wunsch auf der Krim, sich Russland anzuschlie­ßen, lauter, ein Volksentsc­heid sprach sich klar dafür aus.

Aus legislativ­er Sicht ist bis heute dieser regionale Volksentsc­heid anfechtbar. Putin wollte als Argumentat­ion für eine Übernahme auf diesen Loyalitäts­beweis nicht verzichten. Für die KrimBevölk­erung winkte zudem auch ein besseres Leben in der Russischen Föderation. Russland war Nachfolger der ehemaligen Sowjetflot­te in Sewastopol, von diesem Stützpunkt ging die militärisc­he Absicherun­g der Region aus.

Für den Abschuss eines malaiische­n Zivilflugz­euges durch Russland, wie vom Westen behauptet, fehlt jede Begründung, jede Logik. Waren nicht die USA und Russland Kriegsverb­ündete, mit der gemeinsame­n Strategie, den IS in Syrien zu vernichten? Dass im Bürgerkrie­g die Amis in weiterer Folge die Opposition und die Russen al-Assad unterstütz­ten, hatte globalstra­tegische Ursachen. Bei meinem Aufenthalt vor den Unruhen in Syrien war Assad als Alawite ein geachteter Staatsmann, das tägliche Leben auf der Straße verlief geordnet. Mit dem Bürgerkrie­g mutierte er aus westlicher Sicht zum Despoten.

Russlands Durchschni­ttsbürger kannten seit Jahrhunder­ten nur die Knute von Klerus, Adel, Bojaren und danach vom Genossen Stalin, deshalb ist ihr Zugang zur Demokratie bis heute ambivalent und für ein autoritäre­s System anfällig. Russlands Vergangenh­eit mit Europa war nicht von Aggression geprägt. Die Mittelmäch­te bzw. Deutschlan­d haben Kriege nach Osten getragen und wie im Zweiten Weltkrieg das Land über 20 Mill. Leben gekostet. Auch wir Österreich­er haben Grund, uns dessen bewusst zu sein und Demut walten zu lassen. Welchen Herren o. a. Redakteure mit derartiger Häme dienlich sein wollen, sei dahingeste­llt … Dipl.-Ing. Hermann Hutter

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