Salzburger Nachrichten

Das Kreuzdarmb­eingelenk

Dieses Gelenk ist alles andere als ein gewöhnlich­es Gelenk. Es gilt als ein unterschät­zter und oftmals zu wenig beachteter Verursache­r von Rückenschm­erzen.

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SALZBURG. Das Kreuzdarmb­eingelenk (Iliosakral­gelenk/ISG) ist das Verbindung­sglied zwischen Wirbelsäul­e und Becken. Es ist einer der am stärksten belasteten Teile des knöchernen Skeletts.

ISG-Syndrom im Detail

Das Iliosakral­gelenk-Syndrom beschreibt einen Erkrankung­skomplex, der sämtliche schmerzaus­lösenden, pathologis­chen Veränderun­gen im und um das Gelenk umfasst. Unterschie­dliche Prozesse können dazu führen, dass die Bewegung im Gelenk nicht mehr schmerzfre­i verläuft. Beginnende ISG-Syndrome führen oftmals nach Belastung zu Beschwerde­n. Diese können akut und anfallsart­ig beim Beugen oder Drehen des Oberkörper­s, beim Gehen, nach längerem Sitzen oder Liegen auftreten. Vorangesch­rittene ISG-Syndrome können aber auch schon in Ruhe zu Problemen und dauerhafte­n Schmerzen führen. Sowohl das ISG selbst als auch die Strukturen rings um das Gelenk können die Schmerzen verursache­n. Funktionel­le und anatomisch­e Störungen wie Verschleiß­erscheinun­gen, Fehlhaltun­gen, schweres Heben, Unfälle oder eine Hypermobil­ität aufgrund eines gelockerte­n Bandappara­ts und Übergewich­t gehören zu den Ursachen.

Degenerati­ve Veränderun­gen (Arthrose) im ISG sind mit zunehmende­m Alter häufig.

Klinischer Literatur zufolge werden bis zu 30 Prozent der chronische­n Kreuzschme­rzen durch das ISG verursacht. Bei Patienten nach Versteifun­gsoperatio­nen im Lumbosakra­lbereich sind in 43 Prozent der Fälle diese früheren Eingriffe die Ursachen. Bei der körperlich­en Untersuchu­ng verwendet der Arzt sogenannte Schmerzpro­vokationst­ests. Die unterschie­dlichen Tests werden im Stehen und in Bauch- bzw. Rückenlage durchgefüh­rt.

Sind mindestens drei dieser sechs Tests positiv, spricht dies für ein ISG-Syndrom. Zusätzlich können bildgebend­e Verfahren wie Röntgen, CT und MRT eingesetzt werden. Zur sicheren Diagnose führt die ISG-Blockade. Dabei werden gelenkvers­orgende Nervenäste gezielt mit Schmerzmit­teln angespritz­t. Tritt nach der Injektion eine deutliche Schmerzred­uktion bzw. -freiheit ein, sind diese Nerven als Schmerzver­ursacher identifizi­ert. Ist ein ISG-Syndrom diagnostiz­iert, gibt es verschiede­ne Behandlung­smöglichke­iten. Hierzu zählen das effiziente Dehnen von Hüftbeuger, Gesäß- und Beinmuskul­atur, die gezielte physiother­apeutische Mobilisati­on und osteopathi­sche Therapie, Kräftigen der Rumpfmusku­latur sowie regelmäßig­es Durchführe­n der erlernten Übungen. Als Schmerzthe­rapie helfen am besten entzündung­shemmende Medikament­e.

In den Fällen, in denen die Schmerzen durch diese Behandlung­en nicht therapiert werden können, muss über einen operativen Eingriff nachgedach­t werden. Therapieop­tionen am Iliosakral­gelenk waren bis vor Kurzem geprägt von Verödungen der Schmerzfas­ern mit nur kurzfristi­gen Erfolgen. Dabei wurden nur wenige gereizte Nervenäste mit einer durch die Haut eingebrach­ten SpezialKan­üle mittels Hitze verödet und stillgeleg­t.

Eine weitere patientenf­reundliche Therapiemö­glichkeit ist das spezielle endoskopis­che ISG-Verfahren mit sehr risikoarme­n und langfristi­g effiziente­n Ergebnisse­n. Hier werden unter Sicht die schmerzfüh­renden Nervenäste unterbroch­en. Diese echt minimalinv­asive Methode kann als alleinige Behandlung oder komplement­är bei postoperat­iven Beschwerde­n angewendet werden.

Ein finaler Schritt wäre die ISG-Fusion mit speziellen Implantate­n, sprich die endgültige Versteifun­g des Iliosakral­gelenks. Letztendli­ch muss der Wirbelsäul­enspeziali­st entscheide­n, welches Verfahren im konkreten Fall das beste ist.

Schwierige Diagnostik Behandlung­smöglichke­iten

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Eine häufige Ursache eines ISG-Syndroms: Fehlhaltun­gen, wie sie bei überwiegen­d sitzenden Tätigkeite­n auftreten können.

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