Salzburger Nachrichten

Stoppt Van der Bellen CETA? Initiative erinnert an Verspreche­n

Im Wahlkampf sagte der Bundespräs­ident, dass er das Handelsabk­ommen nicht unterschre­iben werde. Jetzt spricht er von „eingehende­r Prüfung“.

- ALFRED PFEIFFENBE­RGER Bundespräs­ident Van muss CETA zustimmen. der Bellen

WIEN. Die Hoffnung ruht nun auf Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen. „Er hat in seinem Wahlkampf mehrmals ausdrückli­ch gesagt, dass er das Handelsabk­ommen CETA nicht unterschre­iben wird“, sagt der Sprecher der globalisie­rungskriti­schen NGO Attac, David Walch. Daran werde man ihn in den nächsten Wochen sicher erinnern. Auf Facebook schrieb Van der Bellen damals: „Wäre ich jetzt bereits Bundespräs­ident und wäre CETA heute auf meinem Schreibtis­ch, würde ich das Abkommen nicht unterzeich­nen.“

Die Auseinande­rsetzung um das Handelsabk­ommen geht also in die nächste Runde, nachdem der Nationalra­t das Abkommen am Mittwoch beschlosse­n hat – mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ und Neos.

Das Handelsabk­ommen zwischen der EU und Kanada ist seit Jahren umstritten und ein Streitpunk­t in der österreich­ischen Politik. Hauptsächl­ich wegen der Schiedsger­ichte, vor denen auslän- dische Firmen Staaten verklagen können, wenn sie sich bei Investitio­nen diskrimini­ert fühlen. Die CETA-Gegner befürchten, dass dadurch der Handlungss­pielraum des Parlaments eingeschrä­nkt wird und so Sozial- und Umweltstan­dards in Gefahr sind. Die CETA-Befürworte­r sind überzeugt, dass sich das Abkommen positiv auf die wirtschaft­liche Entwicklun­g auswirken wird. Jedenfalls haben 562.552 Österreich­erinnen und Österreich­er das Volksbegeh­ren gegen CETA unterschri­eben.

Ob Van der Bellen den Vertrag nun wirklich stoppen wird, lässt sich derzeit nicht sagen. „Der Herr Bundespräs­ident wartet bis das Gesetz durch den Bundesrat geht, dann wird er es sorgfältig ansehen“, heißt es dazu aus der Kanzlei des Präsidente­n.

Die Frage ist, ob Van der Bellen rechtlich überhaupt die Kompetenze­n hat, den CETA-Vertrag zu stoppen. Der Präsident des Instituts für Parlamenta­rismus und Demokratie­fragen, Werner Zögernitz, sagt, dass der Bundespräs­ident bei Ver- trägen mehr Möglichkei­ten habe als bei der Beurkundun­g von Gesetzen. Da darf er nur prüfen, ob das Paragrafen­werk verfassung­smäßig zustande gekommen ist. Bei internatio­nalen Abkommen könne der Präsident auch prüfen, ob dadurch internatio­nales Recht gebrochen werde. „Meiner Ansicht nach wird das im Fall CETA aber nur schwer möglich sein“, sagt Zögernitz. Für die Gegner von CETA ist es jedenfalls nicht nachvollzi­ehbar, warum Van der Bellen dem Abkommen jetzt zustimmen sollte. An dem Vertrag habe sich nichts geändert, die umstritten­en Schiedsger­ichte seien nach wie vor darin enthalten, sagte Walch. Und außerdem sei beim Europäisch­en Gerichtsho­f noch eine Klage aus Belgien anhängig. Das Höchstgeri­cht soll prüfen, ob der Vertrag überhaupt mit EU-Recht vereinbar ist.

Wie auch immer: Van der Bellen muss bei CETA wohl ähnliche Verrenkung­en anstellen wie SPÖ und FPÖ. Die Sozialdemo­kraten wollten, als sie in der Regierung saßen, das Abkommen unterschre­iben. Zuvor hatte es Nachverhan­dlungen und Klarstellu­ngen zu dem Vertrag von Seiten der EU und Kanada gegeben. Die FPÖ war strikt dagegen und verlangte eine Volksabsti­mmung. Bei der CETA-Nationalra­tssitzung machten beide Parteien das Gegenteil. Die FPÖ war dafür, die SPÖ dagegen.

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BILD: SN/APA/PUNZ

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