Salzburger Nachrichten

Augen zu und durch

Die Politik ist nicht einmal mehr daran interessie­rt, wie sich die Pensionsau­sgaben längerfris­tig entwickeln. Das ist überaus riskant.

- DIE SUBSTANZ Johannes Huber WWW.DIESUBSTAN­Z.AT

„Durch die Auflösung der Kommission zur langfristi­gen Pensionssi­cherung fehlen laufende Informatio­nen über die zu erwartende­n Entwicklun­gen im Bereich der Pensionsau­sgaben für Österreich.“Diesen Satz im jüngsten Bericht des Fiskalrats muss man zwei Mal lesen. Man kann kaum glauben, dass die Politik in einem so wichtigen Bereich im Dunkeln tappt: Hier geht es nicht um die Mindestsic­herung, die für sich genommen schon ein sehr ernstes Thema ist, sondern um die Altersvers­orgung, die ein Vielfaches davon kostet. Mehr als 50 Milliarden Euro nämlich. Folglich sollte man doch einigermaß­en abschätzen wollen, wie’s weitergeht. Würde man meinen.

Sehr viel spricht jedoch dafür, dass die Politik nicht nur Realitätsv­erweigerun­g betreibt, sondern im Übrigen auch noch einer gewissen Leichtigke­it anheimgefa­llen ist: Schon mit dem Abschied von Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) sind die Pensionen ab 2007 von der Spit- ze wieder an den unteren Rand der politische­n Agenda gerückt. Man wollte niemandem mehr wehtun und redete sich daher ein, dass es irgendwie schon gehen werde. Aktuell kommt hinzu, dass es wirklich läuft wie geschmiert: Beiträge und Steuern sprudeln, dass es eine Freude ist für den Finanzmini­ster und dass sich sogar noch eine Erhöhung der Mindestpen­sionen ausgehen könnte.

All das ist jedoch vergänglic­h. Es braucht nicht viel Lebenserfa­hrung, um zu wissen, dass auf gute Zeiten schlechte Zeiten folgen. Soll heißen: Spätestens dann, wenn sich die Beschäftig­ungslage wieder zuspitzt, werden sich die Zahlungen weniger toll entwickeln. Das ist das Eine. Das Andere ist die Alterung: Auf 2030 hin ist eine Verschärfu­ng zu erwarten. Laut Statistik Austria wird die Zahl der Menschen ab 65 dann jedes Jahr um rund 50.000 steigen und damit zwei bis drei Mal stärker, als sie es gegenwärti­g tut.

Die Risiken sind also beträchtli­ch. Nicht dass man ihretwegen panisch werden müsste. Es wäre nur wichtig, sie kalkulierb­ar zu halten. Umso bemerkensw­erter ist, dass der alten Pensionsko­mmission vor eineinhalb Jahren zwar eine neue nachfolgte, sie aber nur auf dem Papier existiert: Die Alterssich­erungs kommission ist nie konstituie­rt worden. Wahlkämpfe und Regierungs­wechsel haben dazu beigetrage­n, im Moment sucht das Sozialmini­sterium unter nicht mehr ganz neuer Führung einen Vorsitzend­en oder eine Vorsitzend­e.

Und so konnte die Kommission einen ihrer ersten Aufträge schon einmal nicht erfüllen: Im vergangene­n November hätte sie einen Bericht über die langfristi­ge Finanzierb­arkeit der Pensionen inklusive allfällige­r Reformvors­chläge erstellen sollen. Doch das ist ihr eben ganz und gar unmöglich gemacht worden.

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