Das ist Merkels größte Krise
Binnen weniger Tage hat sich die Neuauflage des Flüchtlingsstreits zwischen Angela Merkel und Horst Seehofer derart hochgeschaukelt, dass man sich staunend die Augen reibt und fragt, wie die zwei da wieder herauskommen wollen. So wie beide Seiten am Donnerstag auf ihrer Haltung beharrt haben, läuft alles auf einen Bruch der Fraktionsgemeinschaft zwischen CDU und CSU hinaus.
Deutschlands Kanzlerin ist dank der Schwesterpartei CSU in der größten Krise ihrer Amtszeit. Kommt es zum Bruch zwischen CDU und CSU, ist auch die Große Koalition aus Union und SPD am Ende. Dann gerät Deutschland in eine weitaus kritischere Lage als nach dem Scheitern der Gespräche über eine Jamaika-Koalition (CDU/CSU, Grüne, FDP) – mit entsprechenden Folgen für Europa.
Zwar ist das Ziel Seehofers, die Zahl der Flüchtlinge in Deutschland zu verringern, für viele nachvollziehbar. Doch die Eile, mit der er sein neues Grenzregime umsetzen will, erscheint unverständlich. Sie ist auch nicht mit der BayernWahl im Oktober zu erklären. Es würde völlig reichen, bis zum EUGipfel zu warten und – für den Fall, dass dort keine neue europäische Regelung gelingt – die strengeren Kontrollen für Deutschland anzudrohen.
Eine Trennung von CDU und CSU muss nicht automatisch zu Neuwahlen führen. Merkel könnte sich eine neue Mehrheit mit SPD und Grünen suchen – wenn Merkel dann noch will und wenn die CDU sie dann noch will. Ansonsten müsste es Neuwahlen geben, von denen die AfD profitieren würde. Das kann die CSU nicht wirklich wollen, ist die PopulistenPartei doch ihr erklärter Hauptgegner bei der kommenden Landtagswahl. Diese Perspektive könnte doch noch zu einem Einlenken bei der CSU führen.