Zahl der Libyen-Migranten ist um 77 Prozent gesunken
Die EU lobt die verbesserte Zusammenarbeit mit Libyen. Das Abkommen mit Italien steht zur Verlängerung an.
BRÜSSEL. Die Odyssey der „Aquarius“, des Rettungsschiffs mit rund 600 Flüchtlingen und Migranten an Bord, dem Italiens rechtspopulistische Regierung die Aufnahme verweigert hat, geht weiter. Wegen Schlechtwetters musste die Route geändert werden, die Ankunft in Spanien verzögert sich.
Zugleich wartete ein US-Marineschiff mit rund 40 Migranten an Bord auf Anweisungen der Seenotzentrale in Rom. Die Internationale Organisation für Migration (IOM) drängt, die „Trenton“schnell in einen italienischen Hafen einfahren zu lassen. Zwölf Leichen von verunglückten Migranten seien im Meer gelassen worden; sagte eine NavySprecherin.
Ob die steigenden Flüchtlingszahlen auf der zentralen Mittelmeerroute auf das gute Wetter in den vergangenen Tagen zurückzuführen ist, wie aus Rom verlautet, ist unklar. Laut Medienberichten könnte auch Libyen versuchen, Druck auf die neue Regierung in Italien auszuüben. Denn diese muss demnächst über die Verlängerung des Abkommens mit Libyen und die damit verbundene finanzielle und logistische Hilfe entscheiden.
In Summe sind heuer jedenfalls drastisch weniger Menschen nach Italien gekommen, während die Ankünfte in Spanien und Griechenland wieder anstiegen. In den ers- ten fünf Monaten 2018 landeten laut EU-Grenzschutzagentur Frontex 13.450 Personen in Italien, das sind um 77 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum 2017. Das Gros der Migranten stammte aus Tunesien, Eritrea und Nigeria.
Der Rückgang habe im Sommer 2107 begonnen, sagt Frontex-Sprecherin Izabella Cooper. Gründe waren die damals wiederaufgeflammten Kämpfe in der libyschen Küs- tenstadt Sabrata, einer wichtigen Schlepperbasis. Vor allem aber habe die libysche Küstenwache (an deren Aufbau die EU massiv mitgewirkt hat) ihre Überwachung verstärkt. Die veränderte Rolle der libyschen Schiffe bestätigt auch die Hilfsorganisation SOS Méditerranée. Immer öfter werden diese von der Seenotleitstelle in Rom zu Rettungseinsätzen gerufen – und die Menschen nach Libyen zurückgebracht, sagt Sprecherin Jana Ciernioch. Flüchtlinge hätten erzählt, dass sie mehrfach versucht hätten, nach Europa durchzukommen, aber immer gestoppt worden seien.
Die Frontex-Operation „Themis“spielt bei den Rettungsaktionen kaum eine Rolle. Mit den zehn Schiffen sowie zwei Flugzeugen und zwei Helikoptern wurden zwischen Jänner und Mai knapp 2300 Menschen gerettet. Anders als bei der Vorgängermission „Triton“geht es – auf Bitte Italiens – mehr um Hilfe im Kampf gegen Schlepperei und Drogenschmuggel, indem verdächtige Boote gestoppt und untersucht werden. Das Einsatzgebiet von „Themis“wurde daher näher an die italienische Küste verlegt, aber bis Albanien ausgedehnt.
EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini lobte die Kooperation mit Libyen. „Ganz neue Instrumente“wie Asylzentren in oder außerhalb der EU, wie das Österreichs Kanzler Sebastian Kurz vorschlägt, sind aus ihrer Sicht nicht nötig.