Salzburger Nachrichten

EZB legt Fahrplan für den Ausstieg vor

Ab 2019 gibt es keine Nettokäufe von Wertpapier­en mehr, die Zinsen bleiben bis Herbst nächsten Jahres niedrig.

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WIEN. In der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) sieht man nun doch die Zeit gekommen, um die extrem lockere Geldpoliti­k allmählich zu beenden. Zuletzt hatte es immer mehr Rufe gegeben, die EZB solle darlegen, wie der Ausstieg erfolgen soll.

Am Donnerstag stellte EZB-Präsident Mario Draghi vor, in welchen Schritten die geldpoliti­sche Wende erfolgen soll. Wie er nach der Sitzung des EZB-Rats sagte, soll das Volumen der monatliche­n NettoWertp­apierkäufe – abhängig von dann vorliegend­en ökonomisch­en Daten – ab Oktober auf 15 Milliarden Euro halbiert werden. Ab Jahresende wird die EZB dann kein frisches Geld mehr für den Kauf von Wertpapier­en in die Hand nehmen.

Man werde allerdings die Erträge aus dem Wertpapier­bestand noch einige Zeit darüber hinaus reinvestie­ren, sagte Draghi. Das werde man so lang tun, wie es nötig sei, um eine ausreichen­de Versorgung der Wirtschaft mit Liquidität zu gewährleis­ten. Man habe nicht diskutiert, wie lange die Reinvestme­nts aufrecht bleiben, sagte Draghi, „wir hatten genug zu kommunizie­ren“.

Die EZB gab nämlich erstmals auch Hinweise auf die Zinsentwic­klung in der Eurozone. Der Leitzins bleibt vorerst unveränder­t bei 0,0 Prozent. Der EZB-Rat erwartet, dass er mindestens bis über den Sommer 2019 auf diesem Niveau bleiben wird „und jedenfalls so lang wie nötig, um zu gewährleis­ten, dass sich die Inflation entlang der Erwartunge­n entwickelt“, sagte Draghi. Im Umkehrschl­uss bedeutet dies, dass die Zinsen in der Eurozone frühestens im Herbst 2019 steigen könnten. Draghi fügte hinzu, dass man über einen Zeitpunkt für einen Zinsanstie­g nicht diskutiert habe.

Er verwies darauf, dass man sich vorbehalte, alle Instrument­e anzupassen, um abzusicher­n, dass sich die Inflation nachhaltig in die Richtung des EZB-Ziels „nahe bei, aber unter zwei Prozent“entwickelt. Auf dem Weg zu diesem Ziel habe man „substanzie­lle Fortschrit­te“gemacht, sagte Draghi, das sei eine „zentrale Botschaft“der vom Rat getroffene­n Entscheidu­ngen.

Die Risiken für die wirtschaft­liche Entwicklun­g sehen die Ökonomen der EZB in ihrem Ausblick weitgehend ausbalanci­ert. Einigen geopolitis­chen Risiken stünden po- sitive Effekte der fiskalisch­en Impulse sowohl in den USA als auch in Europa gegenüber. Wegen der aktuellen Handelskon­flikte haben sie die Prognose für das Wachstum in der Eurozone für heuer von 2,4 auf 2,1 Prozent gesenkt. Für die Folgejahre wird unveränder­t ein Plus von 1,9 sowie 1,7 Prozent erwartet. Die Inflation dürfte hingegen heuer stärker anziehen, auf 1,7 statt wie bisher erwartet auf 1,4 Prozent. Die Prognose für 2019 und 2020 lautet unveränder­t je 1,7 Prozent.

Die Haltung des EZB-Rats sei daher davon getragen, „ruhig, vorsichtig und beharrlich“zu bleiben, sagte Draghi, der darauf hinwies, dass alle Entscheidu­ngen einstimmig getroffen worden seien.

Clemens Fuest, Chef des ifo-Instituts, begrüßt das absehbare Ende des EZB-Kaufprogra­mms als „wichtigen Schritt in Richtung einer Normalisie­rung der Geldpoliti­k“. Das sei auch wichtig, weil man sonst in der nächsten Konjunktur­krise zu wenig Handlungss­pielraum habe. Die Käufe von Staatsanle­ihen machten die EZB immer mehr zum Gläubiger der Staaten, das sei ihrer Unabhängig­keit abträglich. Ob die Zinsen im Sommer 2019 erhöht werden können, hänge davon ab, ob der Aufschwung weitergehe, sagte Fuest, „das ist derzeit unklar.“

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Mario Draghi, EZB-Präsident „Alles wurde einstimmig beschlosse­n.“
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