Salzburger Nachrichten

Dieses Foulspiel verursacht unnötig Leid

Die Sportartik­elkonzerne machen mit Fußball ein Riesengesc­häft und zahlen den Näherinnen dennoch Hungerlöhn­e.

- FRAUEN SACHE WM Karin Zauner

Die Fußball-Weltmeiste­rschaft ist ein goldenes Schaufenst­er für die Sportartik­elbranche. Das lassen sich die Konzerne auch etwas kosten. 22 der 32 Teams, die sich für die Weltmeiste­rschaft qualifizie­rt haben, werden von adidas und Nike gesponsert. Ein Vertrag mit adidas sichert dem deutschen Nationalte­am 65 Millionen Euro an Sponsorgel­dern – pro Jahr, versteht sich. Das ist das Dreifache der Summe des vorigen Vertrags. Das französisc­he Nationalte­am muss mit etwas weniger auskommen. Nike zahlt dem französisc­hen Team in den nächsten Jahren etwas mehr als 50 Millionen Euro pro Jahr. Das ist die eine Seite.

Auf der anderen Seite stehen jene, die Sportbekle­idung nähen. Zu 80 Prozent sind das Frauen. Vom Glanz des großen Geschäfts mit dem Fußball fällt für sie nichts ab. adidas und Nike lassen einen Großteil der Sportbekle­idung in Indonesien herstellen. Die Arbeiterin­nen und Arbeiter verdienen dabei zwischen 82 und 200 Euro pro Monat. Trotz der harten Ar- beit können sie mit ihrem Lohn kein menschenwü­rdiges Leben führen, geschweige denn für ihre Familien sorgen. Dafür bräuchte es laut dem Berechnung­smodell Asia Floor Wage zumindest 363 Euro monatlich, wie die CleanCloth­es-Kampagne für faire Bedingunge­n in der Bekleidung­sindustrie und das Menschenre­chtsprojek­t „Our Game“diese Woche veröffentl­icht haben.

In Österreich rechnet der Sporthande­l in den nächsten vier Wochen der Weltmeiste­rschaft mit einer Umsatzstei­gerung von zwei Prozent, bis zu fünf Prozent mehr Umsatz würden es sein, wäre Österreich heuer in Russland mit von der Partie. Das Geschäft mit FußballArt­ikeln hat sich in den vergangene­n zehn Jahren verdoppelt und überschrei­tet nunmehr die Schwelle von 17 Milliarden Euro im Jahr. 89 Prozent dieser Umsätze gehen an Nike und adidas. Ein Herren-WM-Shirt der deutschen Mannschaft kostet zum Beispiel 89,95 Euro. Die Lohnkosten für das Shirt machen aber kaum ein Prozent des Preises aus. Dass die Forderunge­n von indonesisc­hen Gewerkscha­ftern nach Lohnerhöhu­ngen angesichts dieser Summen nicht gehört werden, ist völlig unverständ­lich. Es wäre ein Leichtes, den Arbeiterin­nen und Arbeitern einen fairen Lohn zu zahlen. Wir Fußball-Begeistert­e würden dies kaum bemerken, die Gewinne der Konzerne trotzdem kräftig sprudeln.

Ja, die Sportartik­el-Riesen präsentier­en sich seit einigen Jahren in der Öffentlich­keit als die Guten und zeigen Respekt in Bezug auf Arbeitsbed­ingungen. Ein Übereinkom­men zur Förderung von Gewerkscha­ftsarbeit wurde unterzeich­net. Doch am Ende der Kette bleiben Arbeiterin­nen und Arbeiter übrig, die am unglaublic­hen Erfolg des Fußball-Geschäfts nicht teilhaben. Und das nennt man Foulspiel, das Leid verursacht und nicht zuletzt manchem Fußball-Begeistert­en die Freude trübt. WWW.SN.AT/FRAUENSACH­E

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