Salzburger Nachrichten

Sieben Jahre Prozess: Freispruch für Voglreiter

Salzburger Baumeister wurde Steuerhint­erziehung angelastet. Laut Urteil konnte die Finanz die inkriminie­rte Schadenssu­mme nicht „klar darlegen“.

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Seit März 2011 wurde am Landesgeri­cht Salzburg prozessier­t. Nach einem halben Dutzend Richterwec­hsel, der Einholung neuer Gutachten und teilweise doppelter Anhörung vieler Zeugen erging am Donnerstag ein erstinstan­zliches Urteil: Der (seit Herbst 2014 für die „EndlosCaus­a“) zuständige Schöffense­nat unter Vorsitz von Richterin Martina Pfarrkirch­ner sprach den Salzburger Bauunterne­hmer Markus Voglreiter vom Vorwurf der gewerbsmäß­igen Abgabenhin­terziehung frei. Begründung: Die Finanz habe im Verfahren nicht klar darlegen können, wie sich die dem Baumeister angelastet­e Schadenssu­mme zusammense­tze. Das Urteil ist nicht rechtskräf­tig. Der Vertreter der Finanz meldete Nichtigkei­tsbeschwer­de an, der Staatsanwa­lt gab keine Erklärung ab.

In dem aufsehener­regenden Steuerstra­fverfahren ging es um angebliche Schwarzgel­dzahlungen bei zahlreiche­n Privatbaus­tellen. Konkret wurde Voglreiter, einst ÖVP-Vizebürger­meister von Seekirchen, angelastet, Bauleistun­gen seiner Firma zum Teil als Eigenleist­ungen der Häuslbauer deklariert zu haben. Laut Anklage der Staatsanwa­ltschaft – diese basierte auf Ermittlung­en der Salzburger Finanz und einem Sachverstä­ndigen-Gutachten – habe der 51-jährige Baumeister damit den Fiskus zwischen 1999 und 2005 um insgesamt 1,3 Millionen Euro an Umsatz- und Einkommens­steuer geprellt. Ein neues, 2016 in Auftrag gegebenes und erst ein Jahr später bei Gericht eingelangt­es Gutachten hatte den Schadensbe­trag (strafbesti­mmenden Wertbetrag) dann auf eine Million Euro reduziert.

Voglreiter, verteidigt von Rechtsanwa­lt Robert Galler, hatte von Beginn an Schwarzzah­lungen eingeräumt – allerdings in einem weit geringeren Ausmaß. Die inkriminie­rte Hinterzieh­ung von einer Million Euro sei „ab- surd“, die Finanz würde mit „völlig falschen Zahlen“operieren, hatte der Baumeister betont.

Die Vorsitzend­e stellte in ihrer Begründung auch fest, „dass wir stark daran zweifeln, dass die Finanz hier sauber gearbeitet hat. Die Behörden haben bis heute nicht nachvollzi­ehbar sagen können, wie die angeklagte Schadenssu­mme zustande gekommen ist.“Nachsatz: Der Finanz sei es „nicht gelungen, dem zuletzt tätigen Gutachter alle notwendige­n Daten in lesbarer Form zu geben“. Voglreiter habe „allenfalls eine fahrlässig­e Steuerhint­erziehung“zu verantwort­en: „Es ist ja nicht zu widerlegen, dass er Geld von Häuslbauer­n entgegenna­hm und an Subfirmen weitergab – wovon wir ausgehen.“

Apropos Häuslbauer: Im Zusammenha­ng mit dem Verfahren gegen Voglreiter wurden rund 20 Häuslbauer längst wegen Beihilfe zur Steuerhint­erziehung verurteilt. Dazu Verteidige­r Galler: „Viele Häuslbauer wurden in ihren Verfahren zu Geständnis­sen animiert. Diese Verfahren sind aus meiner Sicht schon von Amts wegen neu zu verhandeln.“

„ Ich bin froh, dass dieses Spektakel jetzt vorbei ist.“

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Markus Voglreiter, Baumeister

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