Lob in höchsten Tönen
Was darf in einem Dienstzeugnis stehen? Gefälligkeitszeugnisse sind genauso wenig erlaubt wie negative Hinweise auf den Arbeitnehmer.
Die wichtigste Funktion eines Dienstzeugnisses ist es, Arbeitnehmer dabei zu helfen, einen neuen Arbeitsplatz zu bekommen. Ein Dienstnehmer hat aber nur einen Rechtsanspruch auf ein „einfaches“Dienstzeugnis. Ein „qualifiziertes“Dienstzeugnis mit Werturteilen über Leistung und Führung des Dienstnehmers kann der Dienstgeber ausstellen, er ist dazu aber nicht verpflichtet.
Dazu folgender Fall: In einem Dienstzeugnis war einer Dienstnehmerin von ihrem Dienstgeber bescheinigt worden, alle ihr übertragenen Aufgaben zur vollen Zufriedenheit erfüllt zu haben. Die Dienstnehmerin sah diese Formulierung als unzulässige negative Dienstbeschreibung an, klagte den Dienstgeber und bekam beim Obersten Gerichtshof (OGH) recht.
Das Höchstgericht sah es als erwiesen an, dass diese Dienstbeurteilung für die Dienstnehmerin ungünstig ist. In Dienstzeugnissen spielen nämlich nach dem Richterspruch Superlative bei Leistungsbeschreibungen eine besonders große Rolle. Auch wenn im allgemeinen Sprachgebrauch Komperativ- und Superlativformen bei jenen Adjektiven unüblich sind, die bereits einen höchsten oder geringsten Grad bezeichnen, ist es in Dienstzeugnissen allgemein üblich, diese Adjektive noch zu steigern. Wie beispielsweise das Adjektiv „voll“in „zu meiner vollsten Zufriedenheit“. Da in diesem Fall entgegen der gängigen Praxis nur „volle Zufriedenheit“bescheinigt wurde, kann dies schon als ein in einem Dienstzeugnis unzulässiger Negativhinweis verstanden werden.
Der OGH konnte sich hier den Hinweis nicht verkneifen, dass das Dienstzeugnis auch nicht der Wahrheitspflicht entsprach, da die Dienstnehmerin nach den getroffenen Feststellungen ihre Leistungen tatsächlich nicht einmal zur vollen Zufriedenheit erbracht hatte.
Bei Inhalt und Wortwahl eines Dienstzeugnisses ist deshalb Vorsicht geboten. Erklärt sich der Dienstgeber bereit, seinem Dienstnehmer ein qualifiziertes Dienstzeugnis auszustellen, sollte dessen Inhalt zuvor gemeinsam abgeklärt werden. Kann dabei kein Konsens über die Bewertung und deren Beschreibung erzielt werden, sollte im Zweifel nur ein einfaches Dienstzeugnis ausgestellt werden, das den gesetzlichen Mindestanforderungen entspricht. Damit ersparen sich beide Seiten Ärger.
Grundsätzlich gilt: Das Dienstzeugnis hat vollständig und objektiv richtig zu sein, die Formulierung ist allerdings dem Dienstgeber vorbehalten. Ein „Gefälligkeitszeugnis“verstößt gegen die Wahrheitspflicht und ist daher unzulässig. Das Dienstzeugnis, insbesondere das qualifizierte, darf aber, wie im angeführten Fall, auch nicht indirekt Angaben enthalten, die objektiv geeignet wären, dem Dienstnehmer die Arbeitssuche zu erschweren. Nicht gestattet sind weiters Bemerkungen über Krankenstände, über gewerkschaftliche Zugehörigkeit und die Tätigkeit als Betriebsrat oder warum das Dienstverhältnis beendet wurde.
Das heißt: Werturteile, soweit sie für den Dienstnehmer nicht zweifelsfrei günstig sind, dürfen nicht ins Dienstzeugnis aufgenommen werden.
Vorsicht bei der Wortwahl im Dienstzeugnis. Wolfgang Zarl Rechtsanwalt