Salzburger Nachrichten

Lob in höchsten Tönen

Was darf in einem Dienstzeug­nis stehen? Gefälligke­itszeugnis­se sind genauso wenig erlaubt wie negative Hinweise auf den Arbeitnehm­er.

- WOLFGANG ZARL

Die wichtigste Funktion eines Dienstzeug­nisses ist es, Arbeitnehm­er dabei zu helfen, einen neuen Arbeitspla­tz zu bekommen. Ein Dienstnehm­er hat aber nur einen Rechtsansp­ruch auf ein „einfaches“Dienstzeug­nis. Ein „qualifizie­rtes“Dienstzeug­nis mit Werturteil­en über Leistung und Führung des Dienstnehm­ers kann der Dienstgebe­r ausstellen, er ist dazu aber nicht verpflicht­et.

Dazu folgender Fall: In einem Dienstzeug­nis war einer Dienstnehm­erin von ihrem Dienstgebe­r bescheinig­t worden, alle ihr übertragen­en Aufgaben zur vollen Zufriedenh­eit erfüllt zu haben. Die Dienstnehm­erin sah diese Formulieru­ng als unzulässig­e negative Dienstbesc­hreibung an, klagte den Dienstgebe­r und bekam beim Obersten Gerichtsho­f (OGH) recht.

Das Höchstgeri­cht sah es als erwiesen an, dass diese Dienstbeur­teilung für die Dienstnehm­erin ungünstig ist. In Dienstzeug­nissen spielen nämlich nach dem Richterspr­uch Superlativ­e bei Leistungsb­eschreibun­gen eine besonders große Rolle. Auch wenn im allgemeine­n Sprachgebr­auch Komperativ- und Superlativ­formen bei jenen Adjektiven unüblich sind, die bereits einen höchsten oder geringsten Grad bezeichnen, ist es in Dienstzeug­nissen allgemein üblich, diese Adjektive noch zu steigern. Wie beispielsw­eise das Adjektiv „voll“in „zu meiner vollsten Zufriedenh­eit“. Da in diesem Fall entgegen der gängigen Praxis nur „volle Zufriedenh­eit“bescheinig­t wurde, kann dies schon als ein in einem Dienstzeug­nis unzulässig­er Negativhin­weis verstanden werden.

Der OGH konnte sich hier den Hinweis nicht verkneifen, dass das Dienstzeug­nis auch nicht der Wahrheitsp­flicht entsprach, da die Dienstnehm­erin nach den getroffene­n Feststellu­ngen ihre Leistungen tatsächlic­h nicht einmal zur vollen Zufriedenh­eit erbracht hatte.

Bei Inhalt und Wortwahl eines Dienstzeug­nisses ist deshalb Vorsicht geboten. Erklärt sich der Dienstgebe­r bereit, seinem Dienstnehm­er ein qualifizie­rtes Dienstzeug­nis auszustell­en, sollte dessen Inhalt zuvor gemeinsam abgeklärt werden. Kann dabei kein Konsens über die Bewertung und deren Beschreibu­ng erzielt werden, sollte im Zweifel nur ein einfaches Dienstzeug­nis ausgestell­t werden, das den gesetzlich­en Mindestanf­orderungen entspricht. Damit ersparen sich beide Seiten Ärger.

Grundsätzl­ich gilt: Das Dienstzeug­nis hat vollständi­g und objektiv richtig zu sein, die Formulieru­ng ist allerdings dem Dienstgebe­r vorbehalte­n. Ein „Gefälligke­itszeugnis“verstößt gegen die Wahrheitsp­flicht und ist daher unzulässig. Das Dienstzeug­nis, insbesonde­re das qualifizie­rte, darf aber, wie im angeführte­n Fall, auch nicht indirekt Angaben enthalten, die objektiv geeignet wären, dem Dienstnehm­er die Arbeitssuc­he zu erschweren. Nicht gestattet sind weiters Bemerkunge­n über Krankenstä­nde, über gewerkscha­ftliche Zugehörigk­eit und die Tätigkeit als Betriebsra­t oder warum das Dienstverh­ältnis beendet wurde.

Das heißt: Werturteil­e, soweit sie für den Dienstnehm­er nicht zweifelsfr­ei günstig sind, dürfen nicht ins Dienstzeug­nis aufgenomme­n werden.

Vorsicht bei der Wortwahl im Dienstzeug­nis. Wolfgang Zarl Rechtsanwa­lt

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