Viele Autofahrer halten vor Eisenbahnkreuzungen nicht an
Der Lokführer hat keine Chance, rechtzeitig zu bremsen, wenn vor seinem Zug ein überraschendes Hindernis auftaucht.
ZELL AM SEE. Der Betriebsleiter der Pinzgauer Lokalbahn Walter Stramitzer war schon öfter zur Stelle, wenn ein Zug mit einem Auto kollidiert ist. Falls die Autoinsassen das Glück gehabt hätten, unverletzt zu bleiben, kom- me zuerst stets dieselbe Frage, so Stramitzer: „Warum hat der Zug nicht angehalten?“Die Antwort ist einfach: „Weil er nicht kann.“
Ein Lokführer fahre prinzipiell nicht auf Sicht, sondern richte sich immer nach Signalen, sagt Stramitzer. „Und der Bremsweg ist enorm lang. Er beträgt je nach Strecke, Geschwindigkeit und Gewicht des Zugs 200 bis 1600 Meter.“Ein Zug der Pinzgauer Lokalbahn braucht bei 80 km/h 400 Meter. Ein Güterzug, der auf der Tauernstrecke abwärtsfahre, 1600 Meter. Stramitzer: „Das heißt, wenn ein überraschendes Hindernis wie ein Auto auftaucht, kann der Lokführer nur noch zuschauen.“Auch bei einer Notbremsung habe er keine Chance, rechtzeitig anzuhalten.
Das dürfte vielen Verkehrsteilnehmern auf der Straße nicht bewusst sein. Günter Reiner, stellvertretender Leiter der Landesverkehrsabteilung der Polizei, sagt: „Wir haben seit Anfang Mai verschiedene Eisenbahnübergänge im Pinzgau insgesamt rund 50 Stunden überwacht. Und fast immer waren Leute dabei, die vor Stopptafeln nicht gehalten haben oder bei Rot durchgefahren sind.“Beobachtet wurden dabei nicht nur Autofahrer. Radler und Fußgänger riskierten ihr Leben genauso. Oft dürfte dabei Ablenkung eine Rolle gespielt haben. Reiner: „Wir haben die Überwachung teilweise verdeckt, teilweise aber auch offen durchgeführt.
„Jene, die bei Rot durchfahren, sind oft abgelenkt.“Günter Reiner, Polizei
Manche waren so abgelenkt, dass sie weder die Polizei noch das Rotlicht gesehen haben.“
Die Folge: In Österreich gibt es durchschnittlich 70 Unfälle pro Jahr auf Eisenbahnkreuzungen, davon rund fünf in Salzburg. Für die beteiligten Autofahrer, Radler und Fußgänger enden sie oft tödlich. Das Land hat deshalb am Dienstag eine Aufklärungskam- pagne gestartet. „Fährst bei Rot, folgt der Tod“, heißt sie. „Es ist wichtig, auf die Gefahren aufmerksam zu machen“, sagt Verkehrslandesrat Stefan Schnöll (ÖVP). „Jeder Verkehrsteilnehmer muss sich bei jeder Querung überzeugen, dass sie gefahrlos möglich ist.“Die Pinzgauer Lokalbahn lädt schon seit Jahren alle Volksschüler an der Strecke in den Betrieb ein und klärt sie dabei auch über Gefahren auf.