Ein Prozess als Doppelmühle
Das größte Korruptionsverfahren der Zweiten Republik wird zur Buwog-TelekomDoppelkombination. Und es bleibt längst nicht die einzige Doppelkombination am 42. Prozesstag.
WIEN. „Wären Sie so freundlich, mir eine Doppelkombination …“, sagt der prominente Hauptangeklagte, und die paar Umstehenden sind gespannt. Das Rätsel ist schnell gelöst. Karl-Heinz Grasser bekommt in der Gerichtskantine eine morgendliche Flasche Mineralwasser und ein Süßgetränk, das Flügel verleihen soll, in die Hand gedrückt, sagt höflich Danke und begibt sich in den Vernehmungsstand im großen Saal des Wiener „Landls“.
Grassers Muntermacher-Getränkekombi bleibt nicht die einzige Doppelkombination, die am Tag 42 des Buwog-Prozesses von Bedeutung ist. Wobei sich Grassers Doppelkombination an Strafverteidigern, Manfred Ainedter und Norbert Wess, am ersten richtigen Vernehmungstag Grassers – am Vortag war es primär ein Monolog – auf vereinzelt hingemurmelte verbale Einwürfe beschränken musste.
Grasser begann den Prozesstag dann auch gleich mit einer Doppelkombination von (zwei) Klarstellungen zu seiner Endlosaussage vom Vortag. „Zwei Fragen weniger“, quittierte die Richterin trocken. Grasser sagt auf Befragen, er sei „aus allen Wolken gefallen“, als er 2009 von der von Walter Meischberger und Peter Hochegger kassierten Millionenprovison erfahren habe. Die optisch und auch laut Anklage belastende Doppelkombination, dass sowohl Meischberger als auch Grasser über die Briefkastengesellschaft Mandarin veranlagten, ist laut Grasser rein zufällig passiert. Er habe nicht gewusst, dass auch Meischberger über die Briefkastenfirma in Belize investiert habe. Als er später davon erfahren habe, sei ihm klar gewesen, dass das von der Optik her „nicht ideal“sei.
Von der strahlenden Doppelkombination Grasser/Meischberger ist nicht mehr viel übrig. Meischberger war bekanntlich einst sogar Grassers Trauzeuge. Grasser gibt nun an, „wegen seiner Entschuldigung“zwar nicht mit Meischberger gebrochen zu haben. Er habe ihn aber seit acht Jahren nicht mehr privat getroffen und habe auch keine Telefonnummer mehr: „Ich könnte ihn nicht einmal anrufen.“
Grassers argumentative Doppelkombination, dass er 500.000 Euro „Schwiegermuttergeld“nicht annehmen wollte, physisch aber annahm, mit Gewinn veranlagte, dann aber seiner Schwiegermutter zurückzahlen wollte, obwohl das Geld seiner Frau gehört habe, war auch am zweiten Vernehmungstag nicht für alle Zuhörer hundertprozentig nachvollziehbar. Laut Staatsanwaltschaft kann Grasser das Geld gar nicht von der Schwiegermutter haben, da die handelnden Personen bei der angeblichen Geldübergabe gar nicht anwesend gewesen seien. In Grassers Ministerium hatte man im Juni 2004 auch eine Art Doppelkombination vorbereitet – nämlich je einen Ministerratsvortrag für eine von zwei Buwog-Bestbietervarianten, wie Grasser bestätigte. Denn wer als Buwog-Bestbieter zum Zug kommen sollte, hing tatsächlich von der Entscheidung der Kärntner Landesregierung ab. Grasser hatte LH Jörg Haider 2002 ein Vorkaufsrecht an Kärntner Bundeswohnungen eingeräumt. Wieso Haider laut Protokollen der Kärntner Landesregierung damals vorab angeben konnte, dass nur noch zwei österreichische Bieter im Rennen seien und er bereits mit dem Bestbieter Kontakt habe, konnte Grasser sich (und der Richterin) am Mittwoch auch nicht erklären.
Richterin Marion Hohenecker kündigte an, in den Buwog-Prozess ab Herbst auch das „Faktum Telekom“wegen „subjektiver Konnexität“einzubeziehen. Dabei geht es um „schwarze Kassen“der Telekom Austria und Verdacht auf Parteienfinanzierung. Hochegger und Meischberger sind angeklagt, ebenso ein Ex-Telekom-Vorstand. Damit wird dann das heute schon größte Korruptionsverfahren der Zweiten Republik zur prozessualen BuwogTelekom-Doppelkombination.