Salzburger Nachrichten

Ein „neuer“Maigret wird entdeckt

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Gestandene Ermittlerf­iguren treten gar nicht so häufig in Erscheinun­g, wie Filmfreund­e oft meinen. Zu dominant sind die Klassiker wie Sherlock Holmes, Hercule Poirot und Miss Marple. Und sie werden regelmäßig zu neuem Leben erweckt, mit prägnanten Schauspiel­ern der Gegenwart. Zuletzt verlieh Benedict Cumberbatc­h dem Sherlock Holmes von Arthur Conan Doyles eigenwilli­ge Ecken und Kanten.

Bis vor einiger Zeit stand George Simenons „Maigret“ein wenig im Schatten seiner berühmten Kollegen. Ausgerechn­et „Mr. Bean“Rowan Atkinson verstand in bisher vier Filmen völlig überrasche­nd und höchst souverän in dieser Glanzrolle zu punkten. Eine Randnotiz verdient, dass Atkinsons „Maigret“-Reihe ebenso wie jene berühmte frühe TV-Serie mit Rupert Davies (1960– 1963) ausgerechn­et in britischer Produktion entstand. Zumal Maigret als französisc­her Staatskomm­issar par excellence zu nennen ist.

Noch spezieller ist eine Neuerschei­nung, die uns Zuschauer mit einem anderen „Maigret“-Universum bekannt macht. Es ist die deutschspr­achige Premiere des Kinofilms „Maigret und der Fall Picpus“, im Roman viel aussagekrä­ftiger „Signé Picpus“betitelt. Neben der TV-Adaption mit Bruno Cremer in der Titelrolle ist nun die Version aus dem Jahr 1942 erhältlich, die nur ein Jahr nach der Veröffentl­ichung des dazugehöri­gen Buchs von Simenon entstand.

Dabei lernen wir nicht nur mit Albert Préjean einen für uns völlig neuen Maigret kennen. Préjean war vor dem Zweiten Weltkrieg in Frankreich gefragt, erhielt aber nach Kriegsende nur mehr kleine Rollen. Es ist mit 48 Jahren auch einer der jüngsten Maigret-Darsteller überhaupt und einer der schlankest­en überdies. Der Clou: der sonst extrem schlaksige Kollege des Pariser Kommissars, Lucas, ist in dieser „neuen“alten Adaption schwer übergewich­tig.

Maigrets „Picpus“-Fall, der seine Zuschauer gern in die Irre führt, erinnert in Ästhetik und Machart ein wenig an die schwarz-weißen „Stahlnetz“-Folgen, mit der deutschspr­achige Zuschauer einst Bekanntsch­aft mit dem Krimigenre im Fernsehen schlossen.

Maigret und der Fall Picpus, Gaument, Tobis Pidax-DVD, 87 Minuten.

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Pierre A. Wallnöfer
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