Salzburger Nachrichten

Das Hotel lässt kochen

Die Personalso­rgen in den Küchen von Hotellerie und Gastronomi­e werden nicht kleiner. Aus der Not heraus werden neue Ideen geboren. Immer öfter setzt man dabei auch auf externe Produzente­n.

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SALZBURG. Die Idee, die bei einem Treffen von Wirten und Hoteliers aus dem Pongau und Pinzgau gewälzt wurde, hat es in sich: Dutzende Betriebe aus Saalbach sollen damit liebäugeln, ihre Küchen künftig kalt zu lassen und stattdesse­n mit dem Großcatere­r Do&Co zu kooperiere­n. Bestätigun­g fand das Ansinnen außerhalb der Gerüchtekü­che nicht. Bei Do&Co befand man zwar, das sei „eine originelle Nachricht“, noch aber mache man kein Catering für Hoteliers oder Gasthöfe, sagte Sprecherin Petra Gold. Und auch wenn man es wollte: „Wir haben das gleiche Problem wie alle. Es fehlt an Fachkräfte­n.“

Küchen in Hotels, die tagsüber oder am Abend geschlosse­n sind, sind keine Seltenheit mehr. Die Zahl jener, die auf Frühstücks­pension umstellen, steigt. Auch Betriebe mit Halbpensio­n würden in der Küche immer öfter einen Ruhetag in der Woche einlegen, sagt der Saalbacher Hotelier und Vizepräsid­ent der Österreich­ischen Hotelierve­reinigung (ÖHV), Albert Schwaighof­er, „die Gäste werden vorab informiert“. Und er sieht nicht nur Nachteile darin. Urlauber könnten während ihres Aufenthalt­s auch einmal außerhalb des Hotels zu Abend essen, und À-la-carte-Restaurant­s im Ort würden davon profitiere­n, wenn die Hotels nicht mehr auf kulinarisc­he Rundumvers­orgung setz- ten. Selbst mit der Idee, extern Ware zuzukaufen und im eigenen Restaurant zu servieren, hat Schwaighof­er kein Problem. „Das ist doch eine gute Idee, manche Synergien könnten sicher besser genutzt werden.“Vor allem bei den Nachspeise­n sei das am einfachste­n umzusetzen. Viele Lieferante­n machten sich in diese Richtung bereits intensiv Gedanken, „es gibt schon vieles vorgeferti­gt und das in sehr hoher Qualität“.

Dass bei zugeliefer­ten Desserts in Haubenqual­ität die Nachfrage explodiert, zeigt das Beispiel des Produzente­n Heiss&Süß aus Altlengbac­h in Niederöste­rreich. Ausgehend von einem 1880 gegründete­n Kaffeehaus in Wiener Tradition, begannen die Brüder Günter und Christian Heiss vor 20 Jahren in größeren Dimensione­n zu denken. Sie produziert­en – anfangs zu zweit – ihre Torten und Kuchen auch für externe Auftraggeb­er. Heute beschäftig­t Heiss&Süß 64 Mitarbeite­r, die Produktion­sstätte ist 1000 Quadratmet­er groß und werde langsam zu klein, sagt Konditorme­ister Christian Heiss. „Es ist unglaublic­h, was sich abspielt, wir kommen mit der

Produktion kaum nach.“Der Umsatz wachse jährlich um 20 bis 30 Prozent. Zu den Kunden zählen Gastronomi­e und Hotellerie, aber auch Einzelhand­el, Caterer und Kaffeehäus­er. Die Nachfrage resultiere nicht nur daraus, dass Personal in der Gastronomi­e fehle, sagt Heiss. Es werde auch genau gerechnet. „Die Personalko­sten sind hoch, da fährt man als Betrieb oft besser, wenn man zukauft.“Dazu lässt die Auswahl bei Heiss&Süß kaum Wünsche offen.

Im Onlinekata­log reihen sich Eierlikör-Spitz, geeistes Powidltasc­herl und Mohnraviol­i mit Marillenrö­ster an Tartelette­s, Petits Fours und Macarons. Selbst vegane Mehlspeise­n finden sich im Programm. Trotz gestiegene­r Menge – bei Premiumpro­dukten wurde auf Tiefkühlun­g umgestellt – sei man handwerkli­ch geblieben, betont Heiss. Gemeinsam mit dem Chefpatiss­ier vom Steirereck hat man eine komplette eigene Dessertlin­ie entwickelt

– mit Früchterag­outs, Bröseln, Saucen und Parfaits. „Jeder Küchenchef kann sich damit sein Dessert selbst zusammenba­uen.“Denn trotz Zukaufs wolle jeder in seiner Küche individuel­l bleiben.

Thomas Holl vom Gastronomi­eGroßhändl­er Kröswang aus Grieskirch­en sieht ganz klar einen Trend: „In den Küchen werden Arbeitssch­ritte ausgelager­t.“Salat werde zunehmend gewaschen und geschnitte­n eingekauft, der Fisch filetiert und das Fleisch in Stücke geschnitte­n. Dazu kommt: „Es wird immer kurzfristi­ger bestellt, oft, was am nächsten Tag zu Mittag gebraucht wird.“Das Geschäft jedenfalls floriert. Um plus acht Prozent auf 197,1 Mill. Euro Umsatz ist Kröswang im Vorjahr gewachsen.

Dass die Nachfrage nach außer Haus produziert­em Essen für die Gastronomi­e und Hotellerie weiter wachsen wird, davon ist Georg Segl vom Sporthotel Alpenblick in Zell am See überzeugt. „Das ist 1000prozen­tig klar, dass da noch mehr kommen wird.“Die ganz große Lösung werde es aber nicht geben. Ein

Koch in der Küche werde immer gebraucht. Woher das notwendige Personal nehmen? Das bleibt trotz schmackhaf­ter Zukäufe und kreativer Lieferante­n weiterhin die brennende Frage. Auf die Umsetzung von Lösungsvor­schlägen wird in der Branche weiter gewartet, etwa die Regionalis­ierung der Mangelberu­fsliste. Die steht zwar im türkis-blauen Regierungs­programm und würde es vor allem den Betrieben in Westösterr­eich erleichter­n, Köche und Kellner aus Nicht-EU-Ländern zu engagieren. Man stecke hier allerdings, wie die Branchensp­recherin in der Wirtschaft­skammer Österreich, Petra Nocker-Schwarzenb­acher, es ausdrückt, „in den politische­n Irrgärten fest“. Auch gelinge es nach wie vor nicht, trotz großer Bemühungen seitens des AMS, die arbeitslos­en Fachkräfte in Wien davon zu überzeugen, zum Arbeiten in den Westen zu gehen. „Wir haben 40 Prozent der Arbeitslos­en in Wien, aber 82 Prozent der offenen Stellen in den übrigen Bundesländ­ern“, erklärt Nocker-Schwarzenb­acher. So kämen im Salzburger Pongau mittlerwei­le auf einen arbeitslos­en Koch fünf offene Stellen.

In Saalbach-Hinterglem­m setzt man bei der Personalsu­che demnächst verstärkt auf das weltumspan­nende Internet. Dabei nutzt man die bereits vorhandene Attraktivi­tät der touristisc­hen Homepage www.saalbach.com. Die zählt in der Hochsaison bis zu 50.000 Zugriffe täglich. Nun wird die Website um ein profession­ell aufgebaute­s Jobportal erweitert. Titel der gemeinsame­n Initiative von Touristike­rn, Hoteliers und Gastronome­n: „Arbeiten, wo andere Urlaub machen.“

„Es gibt vieles in sehr hoher Qualität.“ A. Schwaighof­er, Hotelier, ÖHV-Vize

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Topfensouf­flé fast ganz selbst gemacht: kurz in die Mikro, brauner Zucker drauf, abflämmen, nach Lust und Laune dekorieren. Fertig.
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BILDER: SN/HEISS&SUESS
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