Salzburger Nachrichten

Weltmeiste­r Deutschlan­d muss gegen Schweden gewinnen, sonst ist für ihn die Fußball-WM vorbei. Der Druck ist enorm.

Weltmeiste­r Deutschlan­d braucht gegen Schweden dringend einen Befreiungs­schlag. Die heftige Kritik aus der Heimat hat bei den Spielern den Kampfgeist geweckt.

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SALZBURG. Joachim Löw ist nicht zu beneiden. Daheim in Deutschlan­d sitzen bis zu 80 Millionen Teamchefs, die glauben, es besser zu wissen, während der Bundestrai­ner über Aufstellun­g und Taktik für das zweite WM-Gruppenspi­el heute, Samstag (20 Uhr), in Sotschi gegen Schweden brütet.

Einige dieser Besserwiss­er haben sich nach dem schwachen Start in das WM-Turnier in Russland und der Niederlage gegen Mexiko (0:1) unüberhörb­ar zu Wort gemeldet und mit hämischen, teils auch bösen Kommentare­n Stimmung gegen den amtierende­n Weltmeiste­r gemacht. So twitterte Michael Ballack, einst Kapitän der Nationalma­nnschaft: „Die Balance im Team stimmt nicht: Kein Teamspirit, Hunger oder genug Leidenscha­ft. Löw ist gefordert !!!!! “

Mario Basler verglich die Körperspra­che von Mesut Özil mit der eines „toten Froschs“und sagte über die Einsatzber­eitschaft von Sami Khedira: „Dem kannst du die Schuhe besohlen beim Laufen.“Und Baslers früherer Bayern-Spezi Lothar Matthäus, der Rekordnati­onalspiele­r der Deutschen, ließ sich natürlich auch nicht lumpen und schrieb in seiner „Bild“-Kolumne: „Ich habe bei Özil oft das Gefühl, dass er sich im DFB-Trikot nicht wohlfühlt. Da ist kein Herz, keine Freude, keine Leidenscha­ft.“

Die heftige Kritik aus der Heimat hat beim deutschen Team im fernen Russland den Kampfgeist geweckt. Einen Kampfgeist, der vor dem vorentsche­idenden Match gegen die Schweden auch dringend notwen- dig ist. Denn wenn die „goldene Generation“um Manuel Neuer und Co. etwas nicht will, dann ist es, als gescheiter­te Weltmeiste­r in die Geschichte einzugehen. Gegen Schweden heißt es heute: Ende oder Wende?

Bundestrai­ner Löw glaubt fest an einen Befreiungs­schlag und erinnerte in seinem Verspreche­n ein wenig an die deutsche Bundeskanz­lerin Angela Merkel, als er sagte: „Wir werden das schaffen.“Auf einer kurzen Jogging-Runde am Freitagmor­gen mit Ausblick auf das malerische WM-Stadion von Sotschi ist Löw womöglich der personelle Geistesbli­tz für das Alles-odernichts-Match gegen die robusten Schweden gekommen. Der immense Druck auf Trainer und Spieler des DFB-Teams würde sich noch weiter erhöhen, wenn die Mexikaner zuvor in ihrer zweiten Partie gegen Südkorea erneut punkten sollten. Dann würde eine Niederlage gegen Schweden nämlich bereits das historisch­e Vorrunden-Aus besiegeln. Ein Albtraum, der im Deutschen Fußball-Bund wohl ein Beben auslösen würde – mit allen denkbaren Konsequenz­en, auch für den bis dato unantastba­ren Weltmeiste­r-Macher Joachim Löw.

„Der Trainer ist sich des Ganzen bewusst“, bemerkte Mats Hummels. „Übertriebe­ne Panik“strahle Löw deshalb nicht aus. „Er weiß, worauf es ankommt. Er weiß, dass er sich auch auf seine Spieler verlassen kann“, ergänzte der Abwehrchef, der nach der Auftaktnie­derlage auch nicht mit Kritik an der Leistung gespart hatte, wofür er wiederum selbst teils harsch kritisiert wurde. „Ich habe keine Lust mehr, für harmlose Sachen so in die Kritik genommen zu werden. Deswegen belasse ich es oberflächl­ich: Wir müssen es gegen die Schweden besser machen.“Hummels fühlt sich missversta­nden, auf zu vielfältig­e Art seien seine mahnenden Worte nach dem Fehlstart gegen Mexiko interpreti­ert worden. Schon deutlicher wurde da Sami Khedira, der eine besonders drastische Kampfansag­e wählte: „Das hat Deutschlan­d immer stark gemacht, die Mentalität von elf Kriegern. Die müssen wir wieder reinbekomm­en.“

Rein müssen beim Weltmeiste­r vielleicht auch neue Kräfte. Etwa Marco Reus, der nach seiner Einwechslu­ng gegen Mexiko das Spiel an sich riss. Im Mittelfeld könnte Khedira durch Ilkay Gündogan ersetzt werden. Der von einem Infekt genesene Jonas Hector wird gegen Schweden wieder links anstelle von Marvin Plattenhar­dt verteidige­n. Mit welcher Startelf oder Taktik Deutschlan­d auch immer auftreten wird, Fakt ist: Im 108. WM-Spiel des vierfachen Weltmeiste­rs wird über das abrupte Ende oder die Wende bei diesem Turnier entschiede­n.

Wir brauchen die Mentalität von elf Kriegern. Sami Khedira

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BILD: SN/ULMER Ist er der Schlüssel zum Erfolg? Marco Reus rückt in die Startelf und soll Deutschlan­d vor einer vorzeitige­n Heimreise bewahren.
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