Salzburger Nachrichten

Klare Worte, aber für wen?

- Gudrun Doringer GUDRUN.DORINGER@SN.AT

„I really don’t care – do u?“, zu Deutsch: „Es ist mir wirklich egal, dir auch?“, stand auf der Rückseite der Jacke, die First Lady Melania Trump beim Aufbruch zu einer Reise trug. In den USA, und nicht nur dort, wird sie nun für ihre Kleiderwah­l kritisiert, denn sie trug den Parka auf dem Weg zu einem Treffen mit Flüchtling­skindern in Texas. Trumps Sprecherin versuchte zu beruhigen: „Es ist eine Jacke. Da war keine versteckte Botschaft.“Sie hat recht. Die Botschaft war nicht versteckt, sie prangte in großen Lettern deutlich lesbar auf dem Rücken der First Lady.

Völlig unglaubwür­dig, dass die Ehefrau des US-Präsidente­n sich in der Garderobe unbedacht die erstbeste Jacke schnappt, weil sie spät dran ist. Melania Trump weiß, dass sie unter Beobachtun­g steht und Dutzende Fotografen nur darauf warten, jeden ihrer Schritte zu dokumentie­ren. Falls sie es vergessen hat, wäre es ein Zeichen größter Unbedarfth­eit. Falls nicht, hat sie auf umständlic­he Weise etwas zu sagen. Dass sich die First Lady sonst eher für Marken der Preisklass­e Dolce & Gabbana oder Ralph Lauren entscheide­t und nicht wie in diesem Fall für Zara, spricht dafür, dass sie die Jacke bewusst gewählt hat.

Doch an wen richtet sich die Botschaft? Was ist ihr egal? Dass sie die Jacke in Texas abstreifte, lässt annehmen, dass es nicht das Leid an der Südgrenze der USA ist. Die Interpreta­tion ihres Mannes: „Die Botschaft ist für die Medien. Melania hat verstanden, wie unaufricht­ig sie sind, und das ist ihr nun egal.“Gut möglich, dass er selbst der Adressat ist. Donald Trump hat die fassungslo­s machenden Szenen, wo Kinder von ihren Eltern getrennt wurden, verursacht. Der Grenzbesuc­h seiner Frau dürfte ihm nicht gefallen haben. Vielleicht hüllt sich die First Lady in Widerspruc­h. Es würde ihr stehen.

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