Salzburger Nachrichten

Bloß eine Zwischenst­ation in der EU-Asylpoliti­k

Migranten am Weiterzieh­en zu hindern wird kurzfristi­g notwendig sein. Langfristi­g ist das aber nicht die Lösung.

- Monika Graf MONIKA.GRAF@SN.AT

Abschiebez­entren, geschlosse­ne Flüchtling­szentren, Ausschiffu­ngsplattfo­rmen, Auffanglag­er – auf europäisch­em Boden, jedoch nicht in der EU, doch in der EU oder besser außerhalb, irgendwo in Nordafrika oder auf unbewohnte­n Inseln: Sollten Sie den Überblick verloren haben, welcher europäisch­e Politiker welche Migranten und Flüchtling­e wo aufhalten oder wohin schicken will, sind Sie in guter Gesellscha­ft.

Galt es vor zwei Jahren noch als unmenschli­cher Plan rechtspopu­listischer Parteien, Menschen, die in Europa Schutz suchen, an der Grenze auf- und abzuhalten, ist es jetzt das neue Wundermitt­el. Seit Tagen kommen neue Vorschläge. Zuletzt von Spaniens sozialisti­schem Regierungs­chef Pedro Sánchez und Frankreich­s liberalem Präsidente­n Emmanuel Macron. Details bleiben bisher alle schuldig.

In der verfahrene­n Flüchtling­spolitik der EU sind „Zentren“aller Art ohnehin nur eine Station auf dem Weg zu einer Lösung, ohne die es aber nicht gehen wird. Überflüssi­g werden sie erst, wenn es den EUStaaten gelingt, rasch zwischen Asylberech­tigten und denen, die verständli­cherweise ein besseres Leben suchen, zu unterschei­den.

Wirtschaft­smigranten, die kein Recht auf Schutz, also Asyl oder humanitäre­s Bleiberech­t, haben oder schon abgewiesen wurden, müssen schnell wieder zurückgebr­acht werden – nicht in ein anderes EULand oder ein Lager, sondern in ihre Heimat. Beides ist nicht einfach, EU-Staaten wie die Niederland­e beweisen aber, dass es geht, ohne Rechte zu verletzen.

Um die Herkunftsl­änder davon zu überzeugen, ihre eigenen Bürger zurückzune­hmen, braucht es Deals, wie sie in Krisen in der EU schon gefunden wurden. Der Zeitpunkt ist günstig. Es gibt aktuell keine Flüchtling­skrise (die Zahlen sind viel geringer als 2017), auch wenn die Drohungen aus Bayern gegen Bundeskanz­lerin Angela Merkel und der Aktionismu­s der neuen italienisc­hen Rechts-Regierung den Eindruck erzeugen.

Die Aufregung um das Sondertref­fen gestern in Brüssel zeigt aber, was sich in Europa aufgestaut hat, weil sich die Politik um die unangenehm­e Tatsache herumschwi­ndeln wollte, dass nicht alle bleiben dürfen. Die Dublin-Regelung, wonach das erste EU-Land für Asylbewerb­er zuständig ist, hat nie funktionie­rt. Als wenige kamen, wurde das Durchwinke­n in Italien und Griechenla­nd schweigend akzeptiert, als die Länder 2015 gestürmt wurden, offiziell. Dublin war nur eine Scheinlösu­ng. Anhaltezen­tren sind ohne schnelle Verfahren und Rückflüge auch nicht mehr.

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