Freie Fahrt für Saudi-Arabiens Frauen
Seit Sonntag dürfen Frauen in Saudi-Arabien Auto fahren. Für Frauenrechtlerinnen bleibt aber noch viel zu tun.
Der Verkehr verlaufe normal, bestätigte ein Sprecher der saudischen Sicherheitsbehörden am Sonntag, nur wenige Stunden nach dem Ende des Fahrverbots für Frauen. Es gebe keine ungewöhnlichen Vorkommnisse, ergänzte er.
Dabei ist es auf Riads Straßen ungewöhnlich genug, dass eine Fahrerin hinter dem Steuer sitzt. SaudiArabien war bis Sonntag das einzige Land der Welt, in dem es ein Fahrverbot für Frauen gab. Punkt Mitternacht fiel es. Und weil die Behörden schon in den vergangenen Wochen begonnen hatten, die Führerscheine auszustellen, konnten die ersten Frauen sofort losfahren.
Die Aufhebung des Fahrverbots gilt als wichtiger Reformschritt in dem erzkonservativen Königreich. Doch auch wenn die Entscheidung von Kronprinz Mohammed bin Salman für saudi-arabische Verhältnisse revolutionär ist, von Gleichberechtigung ist das Land noch immer weit entfernt.
Nach der Vormundschaftsregelung benötigen Frauen für Reisen, Studium oder die Ausübung bestimmter Berufe die Zustimmung ihres Vaters, Bruders, Mannes oder Sohnes. Dass das Land längst nicht auf dem Weg zur Demokratie ist, zeigen auch die jüngsten Festnahmen von Menschenrechtsaktivisten. Noch wenige Wochen vor Aufhebung des Fahrverbots wurden mindestens 16 Aktivistinnen und Aktivisten festgenommen.
Darunter war Ludschain al-Hathlul. Die 28-Jährige kämpft seit mehreren Jahren für das Recht von Frauen, Auto fahren zu dürfen, sowie für ein Ende der Vormundschaftsregelung. Bereits 2014 wurde sie festgenommen, als sie versuchte, ein Auto von den Vereinigten Arabischen Emiraten über die Grenze nach Saudi-Arabien zu steuern. Auf internationalen Druck hin wurde sie nach 73 Tagen in Haft freigelassen.
Es sind aber nicht nur Frauen, die in Saudi-Arabien für ihre Rechte kämpfen, sie bekommen auch Unterstützung von Männern. Einer von ihnen ist Rechtsanwalt Ibrahim Modaimeegh. Der in Harvard ausgebildete Jurist saß einst in Gesetzgebungsgremien des Landes und war an der Formulierung zahlreicher Gesetzestexte beteiligt. Seit er vor sieben Jahren in Pension ging, engagiert er sich für die Belange von Frauen und vertritt Aktivistinnen als Anwalt. Als Mitte Mai viele seiner Mandantinnen festgenommen wurden, kam auch er in Haft. Die regierungstreue Presse nannte ihn „den Anwalt des Teufels“.