Parlaments- und Präsidentenwahl in der Türkei Zwei Bündnisse und sechs Kandidaten standen zur Abstimmung
Der Wahltag wird in der Türkei zumindest von Gesetzes wegen nüchtern betrachtet: Bis Mitternacht war der Verkauf von alkoholischen Getränken und deren Konsum an öffentlichen Orten gänzlich verboten. Das Tragen von Waffen war ebenfalls untersagt, ausgenommen davon sind Sicherheitskräfte. Selbst Teehäuser sind am Tag der Abstimmung geschlossen geblieben. Hochzeitsfeiern waren erst ab 18 Uhr am Wahltag wieder erlaubt, aber nur, wenn ohne Alkohol gefeiert wurde. Bei der Parlamentswahl am Sonntag konnten sich die Wähler für eine Partei oder eine Wahlallianz entscheiden. Die islamisch-konservative Regierungspartei AKP von Staatschef Recep Tayyip Erdoğan hatte eine Allianz mit der ultranationalistischen MHP und der nationalistischen BBP gebildet. Die größte Oppositionspartei CHP ist ein Bündnis mit der nationalkonservativen Iyi-Partei, der islamistischen Saadet-Partei und der konservativ-liberalen DP eingegangen. Die prokurdische HDP trat als einzelne Partei an. Der Präsidentschaftskandidat der HDP, Selahattin Demirtaş, ist seit November 2016 in Untersuchungshaft und führte seinen Wahlkampf vom Gefängnis Edirne aus. Dort gab er am Sonntag auch seine Stimme ab. „Ich wünsche mir, dass jeder seine Stimme zum Wohle der Demokratie in unserem Land nutzt“, twitterte er danach. Für den Einzug ins Parlament gibt es eine Zehn-Prozent-Hürde. Überschreiten die gültigen Gesamtstim- men aller Parteien einer Allianz diese Hürde, ziehen alle Parteien des Bündnisses ins Parlament ein. Die Stimmzettel der Parlamentsund der Präsidentenwahl wurden zusammen in ein Kuvert gesteckt und abgegeben. Erhält keiner der Präsidentschaftskandidaten mehr als 50 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen, kommt es am 8. Juli zu einer Stichwahl zwischen dem Erst- und Zweitplatzierten.