Salzburger Nachrichten

Volkswagen beschleuni­gt in den USA

Nach dem tiefen Dieselfall orientiert sich die Marke in den Vereinigte­n Staaten neu. Händler und Kunden seien „außergewöh­nlich“loyal, sagt der USA-Chef von VW, Hinrich J. Woebcken, im SN-Gespräch.

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„Der Turnaround von Volkswagen funktionie­rt.“Der mit Jahresbegi­nn 2016 in das Himmelfahr­tskommando USAChef von VW berufene Rheinlände­r Hinrich J. Woebcken (56) gibt sich in seiner Zwischenbi­lanz nach zweieinhal­b Jahren „Wiederaufb­au“optimistis­ch: „Wir haben alle großen Streitsach­en bei den Gerichten innerhalb von neun Monaten aufgearbei­tet.“

Dennoch hat VW noch eine Wegstrecke vor sich, „denn eine solche Enttäuschu­ng wie durch die Dieselkris­e ist nicht in Kürze vorbei“, sagte Woebcken im Gespräch mit den SN am Rande des Pikes-Peak-Bergrennen­s, in dem VW mit einem elektrisch­en Prototyp antrat. „Dieser ist das Startsigna­l auch hier für unsere kommende Elektrooff­ensive“, bestätigte der Absolvent der Universitä­t Rosenheim. Denn die Zukunft der Marke in Nordamerik­a bilden sowohl Modelle mit neuesten Benzinmoto­ren als auch mit Elektroant­rieb. Von diesen werden die ersten zwei (I.D. Cross, I.D. Buzz) auch hier eingeführt.

„Die Beschädigu­ng des Images durch die Dieselkris­e ist noch da, aber die Aufarbeitu­ng mit viel Respekt geht zügig voran“, sagt der Nordamerik­a-Chef. In den ersten fünf Monaten legte die Marke im Absatz zum Vorjahresz­eitraum um 7,5 Prozent auf 144.000 Einheiten zu. Mehr als fünf Prozent Marktantei­l nennt Woebcken das mittelfris­tige Ziel, „derzeit sind wir noch nicht dort, wo wir sein wollen. Aber das vor zwei Jahren initiierte Reformprog­ramm wirkt.“Es heißt intern „accelerate“(beschleuni­gen). Das soll erstens durch neue Modelle gelingen: Das mittelgroß­e SUV Atlas kommt ausgezeich­net an und erhielt mehrere Auszeichnu­ngen, nun wird der neue Jetta eingeführt, und auch der an die Oberklasse angelehnte Arteon soll wie eine sportliche­re Version des Atlas einschlage­n. Zweitens setzt VW auf Vertrauens­bildung: VW gibt in den USA sechs Jahre oder 72.000 Meilen Garantie auf alle Neufahrzeu­ge (übertragba­r).

Mit 652 Händlern ist das Vertriebsn­etz exakt gleich groß wie vor der Krise. Woebcken: „Die Loyalität unserer Partner ist außergewöh­nlich.“Sogar bei jenen im kalten Norden der Staaten, wo der Dieselante­il 30 bis 40 Prozent der Verkäufe ausmachte. Im Schnitt lag der Diesel vor der Krise bei 25 Prozent des Absatzes, „doch die Händler erreichten schon 2016 gleiche Zahlen auch ohne Dieselange­bot“.

Von den rund 500.000 durch illegale Software betroffene­n Dieselmode­llen in den USA wurden 400.000 zurückgeka­uft, die älteren davon verschrott­et, der Rest erhielt Soft- oder auch Hardware-Updates.

Was die von US-Präsident Trump angekündig­ten Importzöll­e auch auf Autos betrifft, gibt sich Woebcken abwartend: „Die Vertreter der Branche haben im Weißen Haus klar deponiert, dass Freihandel unerlässli­ch ist.“VW wäre durch das gut ausgelaste­te Werk in Chattanoog­a/Tennessee nicht so stark betroffen, in dem künftig auch die Elektromod­elle für den nordamerik­anischen Markt gefertigt werden sollen. Allerdings würden Importzöll­e andere Konzernmar­ken treffen.

Woebcken: „Am Ende sind solche Zölle eine Steuererhö­hung für die US-Konsumente­n.“

„Aufarbeitu­ng geht zügig voran.“

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Hinrich J. Woebcken VW-Chef, USA
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