„Den Adler machen“– umstrittene Geste der Schweizer Stars
Die triumphale kosovoalbanische Geste von Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri sorgte für Aufsehen, obwohl sie nichts mit dem Krieg zu tun hat.
„Scheißegal“sei ihm der Gegner gewesen, als er „den Adler machte“, so Granit Xhaka. Seine Handbewegung nach dem Ausgleichstor im Spiel Schweiz gegen Serbien hat den 25-jährigen Basler zu einem der beiden umstrittensten Fußballer der WM gemacht – neben seinem Mannschaftskollegen Xherdan Shaqiri, der nach seinem Siegtreffer das Gleiche tat. Gleichzeitig verriet Xhaka auf seinem albanischen Instagram-Account, dass die Geste sehr wohl auf die andere Seite gemünzt war. „Oh Serbien“, postete der Mann von Arsenal London da: „Ich habe dir den Ball ins Netz geknallt, weil man mich Granit Kosova nennt!“
Schweizer Länderspiele werden im albanischen Sprachraum, besonders im Kosovo, verfolgt wie Begegnungen der eigenen Nationalmannschaft – zumal der Kosovo erst 2016 in die FIFA und die UEFA aufgenommen wurde und seine begabten Fußballsöhne überhaupt nur unter anderer Flagge an Turnieren teilnehmen konnten. Aus der Zeit der sportlichen Isolierung stammt die Sitte, vor Fans und Kameras die Hände über Kreuz zu legen, die Daumen auszuspreizen und die übrigen Finger flattern zu lassen – ein Zeichen eines „geheimen Albaniens“, das es politisch nicht geben durfte. „Auf den Fan-Seiten werden albanische Spieler überall auf der Welt überschwänglich gelobt, wenn sie den Adler machen“, erklärt der Albanien-Experte Martin Prochazka, der die sozialen Netzwerke kennt. „Granit Kosova“, wie Xhaka sich nennt, ist ein sprechender Name: Wie an einem Felsen hat sich in den 1990er-Jahren die serbisch dominierte Militärmacht Jugoslawien die Zähne ausgebissen. Die triumphale Geste hat mit dem Krieg allerdings nichts zu tun. Entstanden ist sie erst in den letzten zehn Jahren auf Fußballplätzen. Inzwischen lassen vor allem kosovarische Legionäre auch in anderen Disziplinen gern den Adler flattern – etwa Eleni Foureira, die beim europäischen Song Contest für Zypern antrat. Die Sängerin hat sogar ihren albanischen Namen Fureraj gräzisiert; ein Grund, mit dem „Adler“wenigstens insgeheim ein wenig Heimattreue zu signalisieren.
Wer das Zeichen erfunden hat und wo es zuerst aufgetreten ist, sei „nicht erforscht“, sagt Prochazka. Die Flagge der Republik Albanien, Doppeladler auf rotem Grund, gilt als Flagge aller ethnischen Albaner. Wurde sie in albanisch besiedelten Teilen Jugoslawiens gezeigt, schritt regelmäßig die Polizei ein. Zwar verordneten die internationalen Aufseher der seit 2008 unabhängigen Republik Kosovo eine vogelfreie Fahne. Viel lieber aber wird im Kosovo die Adlerflagge verwendet, besonders am „Tag der Fahne“, dem 28. November.