Halber Abgang einer Salzburger Legende
Toni Wicker tritt Teil eins seines Ruhestands an. Drei Jahrzehnte war der Primarius an den Skipisten, wo er Ski-Geschichte(n) miterlebt hat.
SALZBURG. Es gibt einfachere Aufgaben, als eine Visitenkarte für Toni Wicker zu gestalten. Allein die Auswahl seiner Titel ist umfassend, er ist Primarius, Universitätsprofessor, Magister, zweifacher Doktor, Vorstand des Instituts für physikalische Medizin und Rehabilitation an den Salzburger Landeskliniken und vor sechs Jahren kam noch ein Mastertitel hinzu. Mit 37 Jahren war Wicker der jüngste Primar in Salzburg, nun ist er 65 und tritt mit Anfang Juli in den Ruhestand – oder zumindest ansatzweise. „Mein Ziel ist es, dass ich nur noch 40 Wochenstunden arbeite“, sagt Wicker. Also quasi Ruhestand light.
Einem breiteren Publikum ist Wicker aber durch seine Tätigkeit als ÖSV-Arzt bei Skirennen bekannt geworden. Dazu kam er einst in Doppelfunktion – als Skitrainer (er ist nämlich auch noch geprüfter Skilehrer, Skitrainer, Bergführer und Bergretter) und Arzt. So war er im Sommertraining 1981 mit den ÖSV-Damen in Australien. Geblieben ist er als Teamarzt bei fast allen Großereignissen und früher auch vielen Weltcupbewerben. So war er auch in Nagano 1998 dabei, als Hermann Maier nach seinem Abflug in der Abfahrt auf einen möglichen Start im Super G vorbereitet worden ist. „Ich war damals strikt gegen einen Start, dazu stehe ich heute noch“, sagt Wicker, der aber „akzeptiert hat, dass Leistungssport nichts mit Gesundheit und Vernunft zu tun hat. Die Burschen wollen fahren, egal um welchen Preis.“
Nicht weniger heikel war 1989 das Unternehmen Ulli Maier. Die Salzburgerin trat schwanger bei der Ski-WM in Vail an und holte Gold. „Im Vorfeld waren alle Risiken abzuklären und die ganze Sache war natürlich streng geheim zu halten. Wir haben eine Knöchelverletzung erfunden, um zu erklären, warum sie bei so vielen Trainings nicht dabei gewesen ist.“Sein emotionalstes Erlebnis war jedoch Gold mit Thomas Stangassinger bei Olympia 1994 in Lillehammer. „Ich habe Thomas als Sportler lange begleitet und wie er in dem Rennen den Tomba geschlagen hat, das ist mir echt unter die Haut gegangen.“
Dem Skisport wird Wicker auch im Ruhestand verbunden bleiben, für den ÖSV organisiert er die Rehabilitation der Sportler, für den Internationalen Ski-Verband FIS ist er Medical Supervisor bei den Großveranstaltungen – so wird auch bei den Ski-Weltmeisterschaften in Åre 2019 und Cortina 2021 die Aufsicht über die medizinische Versorgung in seinen Händen liegen.
Für einen Spruch ist Wicker auch legendär geworden: Trabe bis zum Grabe, turne bis zur Urne. „Den habe ich in fast jeder Vorlesung gebracht“, sagt er lachend, weil er überzeugt ist, dass es nur mit Bewegung selbstbestimmt ins hohe Alter geht.
Und was wird er selbst mit seiner vermehrten Freizeit anfangen? Er wird sich seinem Jagdrevier im Blühnbachtal widmen.