Salzburger Nachrichten

Wie viel Luft gibt es noch für Billigflie­ger?

Kaum je war der Ansturm preisgünst­iger Airlines auf einen Flughafen so groß wie aktuell jener auf Wien. Tiefe Preise freuen Passagiere. Das könnte noch eine Weile so bleiben – aber der Trend läuft in die andere Richtung.

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Kaum je war der Ansturm preisgünst­iger Airlines auf einen Flughafen so groß wie aktuell jener auf Wien.

WIEN. Gut eine Handvoll Billigflug­gesellscha­ften sind im Anflug auf den Flughafen Wien-Schwechat – und fast täglich werden es mehr. Erst am Donnerstag hat der Billigflie­ger Level Flüge von und nach Wien ab dem 17. Juli angekündig­t. Vier Flugzeuge will Level in Wien stationier­en, auf Palma de Mallorca und London-Gatwick sollen einen Monat später Strecken nach Barcelona, Málaga, Venedig, Ibiza, Olbia, Paris CDG, Mailand-Malpensa, Dubrovnik, Larnaka, Alicante und Bilbao folgen, Tickets ab 24,99 Euro sind über die Website flylevel.com zu buchen.

Level ist eine Tochter der britisch-spanischen IAG (Internatio­nal Airlines Group), der Muttergese­llschaft von British Airways und Iberia, zu der auch der spanische Billigflie­ger Vueling gehört, der ebenfalls seine Aktivitäte­n in Österreich verstärkt.

Damit steigt die Zahl neuer Billigflug­linien ab Wien weiter, das in der Branche bereits als „Kampfplatz“ bezeichnet wird. In der Tat ist das Tempo rekordverd­ächtig, in dem noch immer neue Airlines in die Lücke vorstoßen, die im Vorjahr der Wegfall von Niki Laudas Billigflie­ger Niki und deren Muttergese­llschaft Air Berlin in den Flugplan der österreich­ischen Flughäfen gerissen hat.

Allein die ungarische Wizz Air katapultie­rt sich als Newcomer mit geplanten 30 neuen Strecken in 22 Ländern binnen eines Jahres bis 2019 weit nach oben auf der Liste der wichtigste­n Airlines ab Wien.

Dazu kommen Niki Laudas neue Airline Laudamotio­n in Zusammenar­beit mit Europas führender Billigflug­gesellscha­ft Ryanair, die Lufthansa-Tochter Eurowings und die IAG-Töchter Vueling und Level. Auch Easyjet, hinter Ryanair europaweit Nummer zwei bei Billigflie­gern, baut auf Wachstum aus Wien.

Das wirft die Frage auf, wie lange der Aufstieg der Billigflug­gesellscha­ften – oder low cost carrier, wie sie in Fachkreise­n bezeichnet werden – noch weitergehe­n kann.

Grundsätzl­ich gebe es in dem Segment noch reichlich Luft nach oben, meint Thomas Haagensen, der für Europa zuständige Manager von Easyjet. „Dieser Wettbewerb ist eine gute Nachricht für Passagiere, da bleibt der Druck auf die Preise aufrecht.“Easyjet bietet die Hälfte seiner Tickets unter 50 Euro an.

Zusätzlich würden die Punkt-zuPunkt-Verbindung­en der Billigairl­ines für ein deutlich dichteres Streckenne­tz ab Wien sorgen. Zugleich verweist Haagensen auf den anhaltende­n Druck zur Konsolidie­rung, also Marktberei­nigung in der Branche. Letztlich dürfte sich die Landschaft an jene in den USA angleichen, wo die vier oder fünf größten Anbieter 75 Prozent des Marktes abdecken. Dieser Prozess ist längst auch in Europa im Gang.

Schon im Herbst könnte sich die Spreu vom Weizen trennen: Wenn die Hauptreise­zeit vorbei ist und die Einnahmen sinken, schlagen bei Airlines die Kosten stärker durch. So ist es nicht verwunderl­ich, dass die Insolvenze­n von Air Berlin, Niki oder der britischen Monarch in oder um den Herbst fielen.

Dazu kommt ein tendenziel­l steigender Kerosinpre­is. Der macht zwar allen Airlines zu schaffen, nimmt aber bei den effiziente­n Billigflie­gern einen prozentuel­l höheren Anteil der Gesamtkost­en ein. Größere Airlines hätten einfach mehr Möglichkei­ten, sich am Terminmark­t mit vorher fixierten Preisen gegen steigende Treibstoff­preise abzusicher­n, sagt Haagensen.

An dem aktuellen Billigflie­gerBoom in Wien sieht der Easyjet-Europa-Chef seine Airline übrigens nicht beteiligt. „Wir fliegen schon seit Jahren nach Wien, das hat für uns Sinn, weil wir auch größere zentrale Flughäfen anfliegen.“Außerdem sei Wien vergleichs­weise dünn an zentrale Airports wie London angebunden gewesen. Doch anders als Mitbewerbe­r will Easyjet hier kein weiteres seiner 30 Drehkreuze einrichten. Nur ein Flugzeug übernachte­t in Wien und startet frühmorgen­s nach Berlin.

Der Fokus liege aktuell auf Deutschlan­d, besonders Berlin. Insgesamt rund 200 Mill. Euro will man dort investiere­n. Nach der Übernahme von Flugrechte­n („Slots“) der Air Berlin will Easyjet zusätzlich zur bestehende­n Basis in Schönefeld auch mit 25 Maschinen vom Flughafen Berlin-Tegel fliegen. Mit dann rund 15 Millionen Passagiere­n „sind wir die Nummer eins aus Berlin“. Dazu kommen auch eine Reihe innerdeuts­cher Strecken und Verbindung­en Berlin–Wien.

Formal ist Easyjet Nummer eins auch in Österreich – gemessen an der Zahl der hier registrier­ten Flugzeuge nämlich. 112 Flugzeuge seien auf der in Wien ausgestell­ten AOCLizenz der „Easyjet Europe“unterwegs, mehr als die gut 80 Maschinen von Platzhirsc­h AUA. Der Großteil der insgesamt 300 Flugzeuge umfassende­n Flotte ist in Großbritan­nien unterwegs.

„Low Cost hat noch viel Potenzial.“ Thomas Haagensen, Chef Easyjet Europe

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BILD: SN/APA/ROBERT JAEGER Easyjet tritt die Nachfolge auf vielen Air-BerlinStre­cken an.
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