Zuerst sparen, dann zahlen
Neben dem Asylthema werde vor allem der Kampf um die Finanzierung der EU die österreichische Präsidentschaft beschäftigen, sagt Finanzminister Hartwig Löger.
WIEN. Nicht nur das Asylthema wird in der Europäischen Union kontrovers diskutiert, auch beim Thema Geld scheiden sich die Geister. Darauf machte Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) wenige Tage vor Beginn des österreichischen EUVorsitzes bei einem Besuch in der SN-Redaktion aufmerksam. Als Beispiel nannte der Finanzminister den Plan, für die Eurozone ein eigenes Budget einführen zu wollen. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron haben dafür erste Pläne vorgelegt. Diese wurden den europäischen Finanzministern auch bereits präsentiert. Die Begeisterung hielt sich in Grenzen. Auch bei den Österreichern. „Nicht ausgereift“ist die Formulierung, die Löger dazu einfällt. Außerdem gebe es mit der Stabilisierungsfunktion auch einen vergleichbaren Vorschlag der Europäischen Kommission. Bei diesem sei geplant, dass praktisch alle EU-Länder in das Budget einzahlten, von dem dann nur ein paar Euroländer profitierten würden. „Dass das so beschlossen wird, kann ich mir schwer vorstellen“, erklärt der Finanzminister, der seine Haltung auch gegenüber dem deutsch-französischen Vorschlag als „skeptisch, neutral“bezeichnet. Außerdem stelle sich die grundsätzliche Frage, ob man überhaupt einen weiteren Haushalt in der EU benötige. Immerhin gebe es bereits ein EU-Budget und 28 nationale Haushalte. Zudem bestehe mit dem Eurozonenbudget die Gefahr, dass man die Fiskalregeln des Stabilitätsund Wachstumspakts, die es für die Budgets der EU-Mitgliedsländer gebe, aufweiche. „Es existieren also noch jede Menge Unklarheiten, über die gesprochen werden muss“, sagt der Minister.
Auch die Verhandlungen über den neuen Finanzrahmen der Europäischen Union, der von 2021 bis 2027 gelten soll, werden die Österreicher während ihres EU-Vorsitzes beschäftigen. Laut Löger steht Österreich dazu, dass maximal ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nach Brüssel überwiesen werden soll. Die EU-Kommission will diesen Prozentsatz erhöhen. Die Begründung ist unter anderem, dass Großbritannien durch den Brexit als Nettozahler ausfällt. Löger ist der Meinung, dass das Problem überzeichnet werde. Zum einen würden durch den Austritt Großbritanniens Verwaltungskosten wegfallen. Zum andern fehle der EU ja nur die Differenz zwischen den Einnahmen und den Auszahlungen an Großbritannien. Diese betrug im Jahr 2016 5,6 Mrd. Euro. „Was dann wirklich an Minus übrig bleibt, muss man bewerten und schauen, ob es nicht auch anders aufgebracht werden kann“, sagt Löger. Und er verweist darauf, dass die Zahlungen der Nationalstaaten an die EU auch dann steigen werden, wenn die derzeitigen Regeln beibehalten werden. „Österreich hält an der Ein-ProzentRegel fest, weil die EU durch das Wirtschaftswachstum ohnehin einen vernünftigen finanziellen Rahmen bekommt, um ihre Themen abzuarbeiten“, erklärt der Finanzminister. Das habe er immer gesagt. „Der Betrag, den die Deutschen genannt haben, entspricht genau der vorhergesagten Steigerung des BIP. Die Position ist also die gleiche“, erklärt Löger. Aber auch eine gerechte Besteuerung von Firmen, die vor allem im digitalen Bereich arbeiteten, sei ein Thema. „Facebook und Google sollen derselben Besteuerung unterliegen wie jedes andere Unternehmen auch“, sagt der Finanzminister. Eine solche Regelung wäre aber sicher effektiver, könnte sich die Europäische Union auf eine gemeinsame Vorgangsweise einigen.