Wie weit der Ball bei der ORF-Konkurrenz rollt
Oe24.tv hält erstmals die Zweitrechte an der Fußball-WM. Die Moderatoren sind prominent, die Quoten bescheiden. Dafür ziehen zwei andere Sender dem ORF ordentlich Zuschauer ab.
Schon seit Beginn der Fußball-WM läuft das weltgrößte Sportereignis auf zwei österreichischen TV-Sendern. Doch erst seit dieser Woche dürfte es der breiteren Masse aufgefallen sein: oe24.tv, der TV-Sender der Zeitung „Österreich“, übertrug bis gestern, Donnerstag, acht der abschließenden Spiele der Gruppenphase live und exklusiv. Wer also etwa Spanien gegen Marokko oder Island gegen Kroatien sehen wollte, musste auf oe24.tv wechseln. Der ORF hatte die Zweitrechte an der WM im April an den jungen TV-Kanal vergeben. Ein Paket, das es oe24.tv erlaubt, alle Matches zeitversetzt und eben acht der letzten 16 Spiele live zu zeigen.
„Aus mehreren Interessenten ging oe24.tv als Bestbieter hervor“, verlautbarte der ORF auf SN-Anfrage. Wer die anderen Interessenten waren und warum man sich – wie auch schon bei der EM 2016 – dagegen entschied, die abschließenden Gruppenspiele in der Konferenz zu zeigen, wollte der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht erläutern.
oe24.tv setzt bei der Übertragung auf Nostalgie. Die Live-Spiele wurden von TV-Legende Robert Seeger kommentiert. Der 76-Jährige war bis 2006 Chefkommentator des ORF – und ist seitdem eigentlich im Ruhestand. Auch bei den Co-Kommentatoren fischte oe24.tv im ORFPool: Radio-Wien-Veteran Edi Finger junior und „Millionenshow“Moderator Armin Assinger gehörten zu den Seeger-Assistenten.
Doch hat sich der Aufwand für den 2016 gegründeten Sender gelohnt? Zumindest oe24.tv selbst gibt sich „äußert zufrieden“. Bis zum Mittwoch hätten – in Summe – 435.000 TV-Zuschauer die WM verfolgt. Dies habe laut oe24.tv an den ersten beiden Live-Abenden Marktanteile von bis zu 1,75 Prozent gebracht. Es gibt zwar auch TeletestQuoten, diese sind jedoch nicht öffentlich. Laut SN-Information soll diese aber vor den Live-Spielen im Schnitt bei 0,2 Prozent und bei den Matches bei rund 1 Prozent gelegen sein. Das wären lediglich einige Tausend Österreicher.
Im Vergleich mit dem ORF sind die Zahlen in jedem Fall bescheiden. Der Öffentlich-Rechtliche kam – Stand Dienstag – bereits bei sechs Spielen auf mehr als eine Million Zuschauer. Der Konkurrent des ORF ist wohl auch nicht oe24.tv, sondern ARD und ZDF. Halbzeit zwei des zweiten Gruppenspiels der deutschen Nationalelf verfolgten im ORF zwar im Schnitt beachtliche 1,3 Millionen Österreicher. Aber die ARD kam immerhin auf 330.000. Jeder fünfte WM-Fan wählte also die deutsche Konkurrenz. Die „Abwanderungsquote“ liege dennoch unter jener der WM 2014, schildert der ORF. „Dass viele Fans Deutschland-Spiele gern im ,Originalkommentar‘ sehen wollen, ist seit vielen Jahren belegbar.“In der Tat ist die „Abwanderungsquote“bei Spielen ohne deutsche Beteiligung geringer – meist um die 15 Prozent.
oe24.tv will die WM-Übertragung indes nicht als Abenteuer sehen: Vor Kurzem sicherte sich der TV-Sender die Rechte an den Spiel-Zusammenfassungen der heimischen Bundesliga. Man werde die „Sport-Kompetenz weiter ausbauen“, sagt oe24-Geschäftsführer Niki Fellner.