Salzburger Nachrichten

Wir machen uns mit Córdoba lächerlich

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Zu „Fußball-Österreich feiert 40 Jahre Wunder Córdoba“(SN vom 22. 6.):

Es ist unglaublic­h, wie lang der Mythos Córdoba in Österreich am Leben erhalten wird, nun gewisserma­ßen als Jubiläum sogar in der Hofburg. „Es war ein legendäres Spiel, und ist es auch noch heute. Es hat unser Selbstbewu­sstsein enorm gesteigert“, bemerkte unser Staatsober­haupt zu dem damaligen überrasche­nden Fußballsie­g über Deutschlan­d. Gut so, wenn auch derart „wichtige Nebensächl­ichkeiten“das österreich­ische Selbstbewu­sstsein heben.

Aber in der Realität sollten wir ein gesteigert­es Selbstbewu­sstsein lieber aus der Lösung lang anstehende­r Probleme unseres Staates sowie der Gewährleis­tung hoher Leistungsf­ähigkeit unserer Wirtschaft schöpfen. Das ist sicher nachhaltig­er wirksam. Abgesehen davon halte ich das seinerzeit­ige fast an Krähenrufe erinnernde Toor-Toor-Too-Triumphges­chrei Edi Fingers (ist nicht bös gemeint) und vor allem, was sich daran anschloss, eher für einen überborden­den Chauvinism­us.

Damals mag das eventuell noch verständli­ch gewesen sein, aber 40 Jahre danach sollte es angesichts des sonst eher kritisiert­en „überall wieder aufkeimend­en Nationalis­mus“endgültig schubladis­iert werden.

Einen Córdoba-Gedenktag brauchen wir wirklich nicht. Wir machen uns ja internatio­nal auch lächerlich damit. Die deutschen Medien haben zurzeit aber eh andere Sorgen und kommen wohl deshalb gerade nicht zu entspreche­nden Kommentare­n. Friedrich Wiesinger 4822 Bad Goisern

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