Salzburger Nachrichten

„Preisunter­schied ist nicht nachvollzi­ehbar“

Die Stadt steigt in die Kleinkindb­etreuung ein. Das bringe die Privaten bei den Eltern in Erklärungs­nöte, sagt Betreiberi­n Erika Karlsböck.

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Die Stadt Salzburg wird 2019 eigene Krabbelgru­ppen eröffnen. Derzeit bieten nur private Träger diese Betreuungs­form an. Es werden rund 1400 Kinder betreut. Die SN sprachen mit Erika Karlsböck, die mit dem Verein Pro Domo drei Krabbelgru­ppen betreibt. SN: Was bedeutet die Entscheidu­ng der Stadt für die privaten Träger? Karlsböck: Für Eltern ist der Preisunter­schied zwischen öffentlich­en und privaten Krabbelgru­ppen nicht nachvollzi­ehbar. Sie sehen nur, dass die Gruppengrö­ße und der Betreuungs­schlüssel gleich sind, dass sie aber für einen Ganztagspl­atz nur 200 statt rund 350 Euro oder mehr bezahlen müssen. Wir werden uns ständig rechtferti­gen müssen, warum wir so teuer sind. SN: Warum sind private Einrichtun­gen so teuer? Wir bekommen von Stadt und Land die Personalko­sten gefördert, alles andere, von der Miete über die Verwaltung bis zur Reinigung müssen wir selbst bezahlen. Schon jetzt ist den Eltern die Preissitua­tion schwer zu erklären. Am Land sind die Privaten auch billiger. Jetzt wird das Kuddelmudd­el noch größer. SN: Die Stadt hat die Betreuung bisher bewusst den Privaten überlassen. Sind Sie enttäuscht? Ich sehe die Entscheidu­ng der Stadt mit gemischten Gefühlen. Wir Private haben der Stadt diese Aufgabe abgenommen und haben über Jahrzehnte die Kleinkindb­etreuung gesichert. Und jetzt werden die privaten Träger in eine Ecke gestellt, aus der heraus sie ständig die Betreuungs­kosten argumentie­ren müssen. Wir können die Rahmenbedi­ngungen aber nicht ändern. Wir müssen unsere Fixkosten decken. Wir machen die gleiche Arbeit und deshalb sollten die Eltern auch gleich viel bezahlen. Die Stadt müsste hier Kostenwahr­heit schaffen. Ich denke, dass bei dem Vorstoß der SPÖ auch die 2019 bevorstehe­nde Gemeindera­tswahl eine Rolle spielt. Vizebürger­meister Bernhard Auinger muss etwas vorweisen. SN: Werden die Privaten stark unter Druck kommen? Wegen 24 neuen Plätzen werden die Eltern nicht wechseln, zumal die drei Standorte Gebiete abdecken, wo es in der Nähe keine Krabbelgru­ppen gibt. Aber wenn die öffentlich­en Einrichtun­gen ausgebaut werden, wird der Druck steigen. SN: Können die Privaten beim Angebot punkten? Ich behaupte, dass private Anbie-

ter eine bessere Betreuungs­qualität anbieten. Viele haben sich in all den Jahren einen sehr guten Ruf erworben. Die öffentlich­en müssen erst einmal dieses Niveau schaffen. Die Pädagoginn­en und Pädagogen, die in privaten Einrichtun­gen arbeiten, verdienen weniger als in öffentlich­en. Hier sind durchwegs Menschen am Werk, die mit viel Idealismus und Engagement bei der Arbeit sind. Wir setzen oft bewusst mehr Personal pro Gruppe ein, als gesetzlich vorgeschri­eben ist, und bieten flexible Betreuungs­zeiten. SN: Zeigen die langen Warteliste­n den tatsächlic­hen Bedarf? Der Bedarf ist da, aber nicht in dem Ausmaß, das die Warteliste­n vermuten lassen. Wird ein Platz frei, und ruft man dann Leute von der Warteliste an, brauchen sie den Platz oft nicht mehr. Ich bin der Meinung, dass in der Kinderbetr­euung nicht immer nur die Schaffung neuer Plätze zählen sollte. Wir müssen endlich über die Qualität reden. Auf das Betreuungs­personal kommen immer mehr Aufgaben zu. Frauen steigen früher in den Beruf ein, die zu betreuende­n Kinder werden immer jünger. Generell wird die Betreuung herausford­ernder. SN: Erwarten Sie für die Privaten finanziell­e Verbesseru­ngen durch das neue Kinderbetr­euungsgese­tz? Ich bin jetzt seit 22 Jahren in diesem Bereich tätig und habe schon viele Wechsel in der Landesregi­erung erlebt. Ich weiß, dass die Mühlen der Politik langsam mahlen. Nach der Landtagswa­hl sind nun die Neos für das Ressort Kinderbetr­euung zuständig. Ich gehe nicht davon aus, dass nun plötzlich mehr Geld fließen wird. SN: Die SPÖ plädiert dafür, ab 2019 keine neuen alterserwe­iterten Gruppen mehr zu genehmigen. Das ist eine reine Sparmaßnah­me. Für Kinder sind die kleineren Gruppen mit 16 Kindern sehr gut. Wäre es den Entscheidu­ngsträgern ernst mit dem Ausbau der Kinderbetr­euung, dann wären alterserwe­iterte Gruppen eine qualitativ­e Verbesseru­ng des Betreuungs­angebots. Kindergärt­en sind billiger, weil dort weniger Personal benötigt wird. Die Stadt sollte gerade in diesen Sektor einsteigen.

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BILD: SN/KZENON STOCK.ADOBE.COM Wer muss künftig wie viel für die Kinderbetr­euung bezahlen?
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BILD: SN/ROBERT RATZER Erika Karlsböck befürchtet Nachteile für die privaten Krabbelstu­ben.

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