Salzburger Nachrichten

Schlimmer als jedes Sparpaket

Die Nullzinspo­litik findet kein Ende. Das nützt verschulde­ten Staaten wie Österreich, wird für die Bürger jedoch unerträgli­ch.

- DIE SUBSTANZ Johannes Huber WWW.DIESUBSTAN­Z.AT

Was Griechenla­nd betrifft, ist man nach all den Rückschläg­en in den vergangene­n Jahren vorsichtig geworden. Ob Ende Juni wirklich die letzte Hilfstranc­he freigegebe­n wird, wird man erst sehen. Immerhin aber gibt es Grund zur Hoffnung: Die Regierung des linken Ministerpr­äsidenten Alexis Tsipras hat wirkungsvo­lle Reformen eingeleite­t, die Arbeitslos­igkeit geht zurück, die Konjunktur ist angesprung­en. Das ist erfreulich für die elf Millionen Griechen; sie haben schwere Zeiten hinter sich. Das ist das eine.

Das andere: Für die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) sollte dies der Zeitpunkt sein, endlich von der Nullzinspo­litik abzugehen, die sie zur Bewältigun­g der Schuldenkr­ise noch immer betreibt. Natürlich, sie hilft damit auch Italien, das unter der rechtspopu­listischen Regierung weniger denn je vernünftig haushalten möchte, oder Österreich, das ebenfalls in der Kreide steht. Die Bürger jedoch haben ein echtes Problem, für sie ist das Ganze schlimmer als jedes Sparpaket, das es bisher gab.

Gut sind niedrige Zinsen bekanntlic­h für diejenigen, die Schulden haben. Staaten bzw. Teile davon also. Am Beispiel des österreich­ischen Bundes lässt sich das sehr schön nachvollzi­ehen: Lang vor der großen Krise, im Jahr 2000, beliefen sich seine Schulden auf 104 Milliarden Euro. Die Zinslast machte 6,8 Milliarden Euro aus. 2017 waren die Schulden mit 211 Milliarden Euro gut doppelt so hoch. Die Zinsen jedoch hatten sich so günstig entwickelt, dass das mit dazu führte, dass sie zuletzt nur noch 6,4 Milliarden Euro kosteten. Das muss man sich einmal vorstellen: Wären die Verhältnis­se unveränder­t geblieben, hätte der Finanzmini­ster allein 2017 um sieben Milliarden Euro mehr dafür aufwenden müssen. Davon ist er jedoch verschont geblieben.

Schlecht sind die bescheiden­en Zinsen für die Sparer. Ja es ist längst so weit, dass ihr Geld an Wert verliert. Womit es ihnen schwer bis unmöglich wird, fürs Alter vorzusorge­n oder sich den Traum eines eigenen Hauses oder auch nur einer Wohnung zu erfüllen. Zumal all jene, die Kapital haben, es unter diesen Umständen nicht auf der Bank schwinden lassen, sondern investiere­n. In Immobilien. Ergebnis: Immobilien­preise haben sich gegenüber dem Jahr 2000 ziemlich genau verdoppelt. Hält diese Entwicklun­g an, tut sich eine Schere auf, die nur in einer gesellscha­ftlichen Spaltung enden kann: Die einen können sich’s gerade noch leisten, den anderen bleibt nichts.

Dieses Problem ist so groß, dass es durch keine Lohnsteuer­senkung und auch keine Abschaffun­g der kalten Progressio­n allein gelöst werden kann. Viel mehr ist nötig. Umso verhängnis­voller, dass es nicht entspreche­nd umfassend auf der politische­n Agenda steht.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria