Schlimmer als jedes Sparpaket
Die Nullzinspolitik findet kein Ende. Das nützt verschuldeten Staaten wie Österreich, wird für die Bürger jedoch unerträglich.
Was Griechenland betrifft, ist man nach all den Rückschlägen in den vergangenen Jahren vorsichtig geworden. Ob Ende Juni wirklich die letzte Hilfstranche freigegeben wird, wird man erst sehen. Immerhin aber gibt es Grund zur Hoffnung: Die Regierung des linken Ministerpräsidenten Alexis Tsipras hat wirkungsvolle Reformen eingeleitet, die Arbeitslosigkeit geht zurück, die Konjunktur ist angesprungen. Das ist erfreulich für die elf Millionen Griechen; sie haben schwere Zeiten hinter sich. Das ist das eine.
Das andere: Für die Europäische Zentralbank (EZB) sollte dies der Zeitpunkt sein, endlich von der Nullzinspolitik abzugehen, die sie zur Bewältigung der Schuldenkrise noch immer betreibt. Natürlich, sie hilft damit auch Italien, das unter der rechtspopulistischen Regierung weniger denn je vernünftig haushalten möchte, oder Österreich, das ebenfalls in der Kreide steht. Die Bürger jedoch haben ein echtes Problem, für sie ist das Ganze schlimmer als jedes Sparpaket, das es bisher gab.
Gut sind niedrige Zinsen bekanntlich für diejenigen, die Schulden haben. Staaten bzw. Teile davon also. Am Beispiel des österreichischen Bundes lässt sich das sehr schön nachvollziehen: Lang vor der großen Krise, im Jahr 2000, beliefen sich seine Schulden auf 104 Milliarden Euro. Die Zinslast machte 6,8 Milliarden Euro aus. 2017 waren die Schulden mit 211 Milliarden Euro gut doppelt so hoch. Die Zinsen jedoch hatten sich so günstig entwickelt, dass das mit dazu führte, dass sie zuletzt nur noch 6,4 Milliarden Euro kosteten. Das muss man sich einmal vorstellen: Wären die Verhältnisse unverändert geblieben, hätte der Finanzminister allein 2017 um sieben Milliarden Euro mehr dafür aufwenden müssen. Davon ist er jedoch verschont geblieben.
Schlecht sind die bescheidenen Zinsen für die Sparer. Ja es ist längst so weit, dass ihr Geld an Wert verliert. Womit es ihnen schwer bis unmöglich wird, fürs Alter vorzusorgen oder sich den Traum eines eigenen Hauses oder auch nur einer Wohnung zu erfüllen. Zumal all jene, die Kapital haben, es unter diesen Umständen nicht auf der Bank schwinden lassen, sondern investieren. In Immobilien. Ergebnis: Immobilienpreise haben sich gegenüber dem Jahr 2000 ziemlich genau verdoppelt. Hält diese Entwicklung an, tut sich eine Schere auf, die nur in einer gesellschaftlichen Spaltung enden kann: Die einen können sich’s gerade noch leisten, den anderen bleibt nichts.
Dieses Problem ist so groß, dass es durch keine Lohnsteuersenkung und auch keine Abschaffung der kalten Progression allein gelöst werden kann. Viel mehr ist nötig. Umso verhängnisvoller, dass es nicht entsprechend umfassend auf der politischen Agenda steht.