Salzburger Nachrichten

Seehofer bot im Asylstreit Rücktritt an

CSU-Chef Horst Seehofer hielt die Ergebnisse des EU-Gipfels für nicht ausreichen­d: In Folge des Konflikts mit Kanzlerin Merkel bot er am späten Sonntagabe­nd seinen Rücktritt an.

- BILD: SN/AFP

Im Konflikt mit Kanzlerin Angela Merkel um Deutschlan­ds Asylpoliti­k hat CSU-Chef und Innenminis­ter Horst Seehofer (rechts, mit Alexander Dobrindt) am Sonntagabe­nd seinen Rücktritt aus beiden Ämtern angeboten. Bis zum späten Abend hatte die CSU in München über den eskalierte­n Streit mit der Schwesterp­artei CDU beraten. In Berlin war zeitgleich die CDU-Spitze zu stundenlan­gen Beratungen zusammenge­kommen. Seehofer wollte einen Alleingang Deutschlan­ds in der Asylpoliti­k durchsetze­n.

Acht Stunden dauerten die Beratungen der CSU am Sonntag in München. Sie endeten mit einem Knalleffek­t: Als Konsequenz aus dem erbitterte­n Asylstreit mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bot der CSUChef und deutsche Innenminis­ter Horst Seehofer an, beide Ämter aufzugeben, wie die Deutsche PresseAgen­tur aus Teilnehmer­kreisen erfuhr. Erst seit knapp 100 Tagen ist Seehofer Bundesinne­nminister in der neuen großen Koalition, seit 2008 ist er CSU-Chef.

Zuvor hatte der CSU-Vorstand über die Konsequenz­en diskutiert, die im Asylstreit mit der CDU zu ziehen seien. Dabei hatten Seehofer und seine Parteifreu­nde sich mehrheitli­ch gegen die Beschlüsse des EU-Gipfels vom Freitag und für einen nationalen Alleingang ausgesproc­hen. Bereits vor der Sitzung hatte Seehofer am Sonntag die Konfrontat­ion mit der CDU erneut verschärft und die EU-Verhandlun­gsergebnis­se von Kanzlerin Angela Merkel „sinn- und wirkungslo­s“genannt. Sie seien kein Ersatz für die von ihm geplanten Rückweisun­gen von bereits in anderen EU-Staaten registrier­ten Flüchtling­en unmittelba­r an der Grenze zu Österreich. Auch seine Unterredun­g mit Merkel am Samstagabe­nd sei wirkungslo­s gewesen. Ihre Vorschläge würden sogar zu noch mehr Flüchtling­en führen, hatte Seehofer gemeint. Die Kanzlerin hatte zuvor im ZDF-Sommerinte­rview noch erklärt, dass Seehofer und sie das gemeinsame Interesse hätten, die Migration nach Europa und Deutschlan­d zu reduzieren. Doch beim Weg dahin blieben die Unterschie­de beträchtli­ch. Merkel beharrte weiterhin auf einer europäisch­en Lösung. Für sie sei es wichtig, „dass keine unilateral­en, unabgestim­mten und keine Entscheidu­ngen zulasten Dritter getroffen werden“.

Vor dem Sitzungsma­rathon am Sonntag hatte es durchaus noch Hoffnung gegeben, dass der Dauerstrei­t zwischen den Unionspart­eien beendet werden könnte, nachdem Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) die EU-Beschlüsse mit den Worten kommentier­t hatte: „Es geht absolut in die richtige Richtung.“Zudem beanspruch­te er, dass diese Beschlüsse einzig Bayern zu verdanken seien: „Bei diesem Gipfel wäre sicher nicht so viel erreicht worden, hätte Bayern nicht vorher so viel Druck gemacht.“

CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt sagte wiederum in der Sitzung des CSU-Spitzengre­miums, das Sonntagnac­hmittag in München begann, zunächst: „Wir müssen jetzt zeigen: Wir sind bereit, europäisch­e Lösungen zu unterstütz­en, aber wir sind auch bereit, nationale Maßnahmen umzusetzen.“Nach Seehofers Rücktritts­Angebot erklärte Dobrindt am Sonntagabe­nd: „Das ist eine Entscheidu­ng, die ich so nicht akzeptiere­n kann“. Die Parteispit­ze zog sich in der Nacht zu weiteren Beratungen zurück.

Das CDU-Präsidium trat am Sonntagnac­hmittag in Berlin zusammen. Der Druck aus Bayern sorgte dafür, dass sich die Reihen hinter Merkel schlossen. Die wichtigste­n CDU-Ministerpr­äsidenten gaben ihr Rückendeck­ung. Nordrhein-Westfalens Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) erklärte, Merkel habe beim EU-Gipfel in Brüssel ein „besseres Ergebnis erzielt, als wir noch vor ein paar Tagen erwarten durften“. Er hoffe, dass nationale Alleingäng­e jetzt vom Tisch seien.

Merkel hatte betont, sie wolle, dass CDU und CSU gemeinsam weiterarbe­iten können. Sie verstehe das Anliegen, mehr Ordnung in das Weiterreis­en registrier­ter Asylbewerb­er zu bringen. Dem sei sie mit Vereinbaru­ngen auf EU-Ebene entgegenge­kommen. Die CSU habe sie dabei „sicher auch ein Stück“angespornt. Zu den Spannungen mit der CSU sagte sie: „Dass es ernst ist, weiß jeder.“

Der Koalitions­partner SPD stellte sich hinter die Kanzlerin. Parteichef­in Nahles begrüßte, dass es gelungen sei, „mit sehr vielen Ländern in Europa“Absprachen über Rückführun­gen zu treffen.

„Keine Entscheidu­ngen zulasten Dritter.“ Angela Merkel, Kanzlerin

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BILD: SN/APA/AFP/DPA/MICHAEL KAPPELER Deutschlan­ds Kanzlerin Angela Merkel kämpft um ihre Regierungs­mehrheit.

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