Salzburger Nachrichten

Kaffeebaue­rn umgehen gierige Händler

In Ecuador müssen Kaffeebaue­rn auf viel Geld verzichten, damit sie Ware verkaufen können. Denn lokale Banken geben keine Kredite. Es geht aber auch anders. Eine Geschichte darüber, was hinter einer Tasse Kaffee steckt.

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SALZBURG. In Städten schießen Kaffeebars wie Schwammerl aus dem Boden. Nicht selten wissen Kunden über Säure, Körper und Aroma des Kaffees im gleichen Ausmaß Bescheid wie Weinkenner über Bukett, Abgang und Charakter des Weines. Doch die interessie­rten Konsumente­n teurer Spezialkaf­fees wissen nur selten etwas über die Produktion­sweisen und die Menschen dahinter.

Arturo Vinicio Martinez Jaramillo, Geschäftsf­ührer der Kooperativ­e Fapecafes in Ecuador, will dies ändern. Gemeinsam mit Qualitätsk­ontrolleur José Hernesto Apolo Espinoza ist er in Europa mit einer Roadshow unterwegs, die sie dieser Tage auch nach Salzburg geführt hat. Die beiden wollen bei ihren Kaffeeverk­ostungen nicht nur die Finessen guten Spezialkaf­fees näherbring­en, sondern den Gästen erklären, wie Kaffee produziert wird, was dies für Kaffeebaue­rn bedeuten kann und warum guter Kaffee mehr kostet als Massenware.

Die Kooperativ­e Fapecafes hat 1200 Kleinbauer­nfamilien als Mitglieder, die wiederum in sechs Genossensc­haften Fairtrade-zertifizie­rten und biologisch angebauten Kaffee produziere­n. Für die Bauern hat sich 2011 die Welt verändert. Seit diesem Zeitpunkt arbeitet Fapecafes mit Oikocredit zusammen, einer weltweit tätigen Genossensc­haft, die Kleinkredi­te an einkommens­schwache Menschen vergibt, um sie zur Selbsthilf­e zu animieren. Die Idee dahinter: Nicht durch Spenden, sondern durch rückzahlba­re Kredite sollen sich Menschen selbst eine wirtschaft­liche Zukunft aufbauen. Im Fall der Kaffeebaue­rn in Ecuador heißt dies, dass sie nun mehr verdienen und stetig bessere Qualität produziere­n können, was in der Folge wieder mehr Geld in die Kassen spült. Und das geht so: „Lokale Banken unterstütz­en in Ecuador keine Kleinbauer­n“, erklärt Geschäftsf­ührer Jaramillo. Die machten lieber Geschäfte mit großen Unternehme­n. Folglich mussten Kaffeebaue­rn früher auf ihr Geld warten, bis der Kaffee exportiert wurde. Das konnte Monate dauern. Eine Zeitspanne, die sich Kleinbauer­n aber nicht leisten können. Aus diesem Grund traten Zwischenhä­ndler, sogenannte Coyoteros, was so viel wie Jäger von Kojoten bedeutet, auf den Plan. Die zahlten zwar sofort, aber statt 200 Dollar pro Sack Kaffee (125 Kilogramm) nur 140 bis 150 Dollar. Da Oikocredit seit 2011 Fapecafes eine Kreditlini­e von 300.000 Dollar gewährt, kann die Kooperativ­e den Bäuerinnen und Bauern sofort den vollen Preis bezahlen, wenn sie ihre Kaffeebohn­en abliefern. Dazu kommen noch Prämien für besondere Qualität, die Fapecafes mit den Käufern verhandelt. Die Kaffeebaue­rn motiviert dies, die Prozesse für Bio-Kaffeeanba­u stetig zu verbessern.

Den Coyoteros gefällt es nicht, dass Fapecafes ihre Geschäfte stört, und so versuchen sie, Bauern mit Geldzahlun­gen abspenstig zu machen, oder sie streuen negative Gerüchte über Fapecafes.

Zentrales Anliegen von Fapecafes ist es, das Leben der Kaffeebaue­rn zu verbessern. Das bedeutet, dass die Arbeiter auf der Kaffeefarm auch die 21 Dollar pro Tag Durchschni­ttslohn eines Arbeiters in Ecuador bekommen. Die Genossensc­haft engagiert sich auch bei Fortbildun­gen und Förderung von Frauen und jungen Menschen, damit diese in den bäuerliche­n Regionen bleiben können.

Den Trend zu Spezialitä­tenkaffee in Europa und den USA sieht Jaramillo als große Chance. „Wenngleich es eine große Herausford­erung ist, da die Kunden immer höhere Qualität verlangen“, sagt er. Tester Espinoza ergänzt: „Zudem müssen wir besser erklären, dass im Massenmark­t viel Geld ins Marketing gesteckt wird, die Qualität aber woanders zu finden ist.“Oikocredit veranstalt­et gemeinsam mit Fapecafes die Roadshow in Europa. „Denn wir wollen unseren Investoren zeigen, was mit ihrem Geld passiert“, erklärt Irina Vöhr, in Österreich Koordinato­rin für Oikocredit. „Wir möchten unsere Arbeit glaubwürdi­ger machen, zumal das Interesse von Anlegern an ethischen Investment­s in Europa ständig steigt.“

Oikocredit investiert 48,8 Millionen Euro in Partnerorg­anisatione­n, die weltweit in 13 Ländern Kaffee produziere­n. Für Ecuador ist Kaffee eines der wichtigste­n Exportprod­ukte. Fapecafes hat seit der Kooperatio­n mit Oikocredit die Exporte von elf auf 22 Container Kaffee im Jahr verdoppelt. Die meisten Anbaufläch­en der vertretene­n Bauern sind unter zehn Hektar groß.

„Mehr Geld bedeutet mehr Qualität.“ Arturo Jaramillo, Geschäftsf­ührer

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BILD: SN/FAPECAFES Tester José Hernesto Apolo Espinoza erklärt, dass die Euro päer auf sehr gutes Aroma Wert legen, US-Konsumente­n hingegen wollen mehr Säure.
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