Auch Affen wird es manchmal zu heiß Die Schimpansen benutzen Höhlen bei großer Hitze
Den in der Savanne lebenden Schimpansen ergeht es ganz ähnlich wie den Urmenschen seinerzeit. Die Regulierung ihrer Körpertemperatur zum Schutz vor Überhitzung ist eine große Belastung – und eine evolutionäre Herausforderung.
LEIPZIG. Was geschah, als sich der Urmensch vom Wald ins offene Gelände wagte? Genau weiß man das natürlich nicht. Aber eines ist klar: Als der Mensch im Laufe seiner Evolution offenere und heißere Regionen besiedelte, musste er sich an die völlig neuen Umweltbedingungen anpassen und möglicherweise Schutz vor Überhitzung und eine effizientere Nahrungsverwertung entwickeln.
Ein internationales Team um Wissenschafter des Leipziger MaxPlanck-Instituts für evolutionäre Anthropologie hat in zwei Studien die physiologischen Parameter von Savannen- und Regenwald-Schimpansen untersucht und ihren Wasserund Energiehaushalt sowie ihre Stressbelastung verglichen. Demnach ist der Stress, die Körpertemperatur aufrechtzuerhalten, für Savannen-Schimpansen eine enorme Belastung.
„Im Laufe ihrer evolutionären Geschichte passten sich unsere menschlichen Vorfahren körperlich und in ihrem Verhalten an neue Umgebungen an“, erzählt Erin Wessling vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie.
Durch vermehrtes Schwitzen oder den Verlust der Körperbehaarung konnten sie zum Beispiel ihre Körpertemperatur besser regulieren und so in offeneren, heißeren Landschaften überleben. Auch die Fortbewegung auf zwei Beinen – das Markenzeichen der Hominiden – wird von einigen Wissenschaftern mit der Besiedlung der Savanne in Verbindung gebracht.
Die Forscher haben den Urin von Schimpansen aus Fongoli im Senegal gesammelt und auf eine Reihe von physiologischen Zuständen untersucht. „Das Wetter in Fongoli kann brutal sein – mit einer Durchschnittstemperatur von 37 Grad in der Trockenzeit und etwa sieben Monaten pro Jahr ohne Regen“, sagt Wessling. Die Forscher haben herausgefunden, dass die Kreatininund Cortisol-Werte der Schimpansen gegen Ende der Trockenzeit bei Temperaturen um die 45 Grad und nach Monaten ohne Regen auf eine erhöhte Stressbelastung der Tiere durch Wassermangel und Schwierigkeiten bei der Wärmeregulierung hindeuteten und dass beides einander möglicherweise verstärkt. Kreatinin ist ein Nebenprodukt des muskulären Stoffwechsels, das anzeigt, ob der Körper ausreichend mit Wasser versorgt ist. Cortisol ist ein Hormon, das bei der Stressbewältigung zum Einsatz kommt.
Die Forscher belegten außerdem, dass der C-Peptid-Spiegel der Fongoli-Schimpansen je nach Nahrungsverfügbarkeit im Laufe des Untersuchungszeitraums variiert. C-Peptid wird zusammen mit Insulin von der Bauchspeicheldrüse ausgeschüttet und zeigt an, wie es um die Energieversorgung des Körpers steht.
Den Werten zufolge können die Schimpansen ernsthaften Stress aufgrund von Nahrungsmangel vermeiden. „Die größte Herausforderung in Lebensräumen wie Savanne und Savannen-Grasland besteht darin, genug Wasser zu sich zu nehmen und nicht zu überhitzen“, sagt Wessling. So entwickelten die Fongoli-Schimpansen neue Verhaltensweisen. Sie benutzten Höhlen, badeten in Wasserquellen und waren auch in der Nacht aktiv. „Anpassungen, mit denen ein Organismus seine Körpertemperatur auch unter widrigen Bedingungen konstant halten kann, könnten auch in der Evolutionsgeschichte des Menschen eine wichtige Rolle gespielt haben. Schließlich hat der Mensch während seiner Entwicklung ähnliche Lebensräume durchwandert oder besiedelt.“
In einer Folgestudie verglichen die Forscher Fongoli-Schimpansen mit ihren Artgenossen aus dem TaïNationalpark, einem Tiefland-Regenwald an der Elfenbeinküste. Das Ergebnis: Die Regenwald-Schimpansen hatten deutlich geringere Stresswerte. Den Ergebnissen zufolge ist die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln in der Savanne tatsächlich geringer als im Wald. Die Fongoli-Schimpansen verfügen aber dennoch über einen stabileren Energiehaushalt als die RegenwaldSchimpansen.
Die Fongoli-Schimpansen scheinen also bereits Strategien entwickelt zu haben, um einen potenziellen Nahrungsmittelmangel zu bewältigen. So ernähren sie sich neben ihrer Lieblingsspeise, reifen Früchten, vermehrt von Termiten, Blumen und Rinde.
Falls unsere Vorfahren ähnliche Anpassungen verwendet haben sollten wie die Fongoli-Schimpansen, könnten auch für den Menschen evolutionäre Anpassungen zur Überwindung thermoregulatorischer Herausforderungen wichtiger gewesen sein als solche, die der besseren Nahrungsverwertung dienten.