Salzburger Nachrichten

Puch ist ein Lebensentw­urf

Puch-Fahrer trafen sich zum Gedankenau­stausch in Puch. Man könnte ein Buch darüber schreiben.

- Johann Winterstel­ler, Pucher

PUCH. Nein. Puch hat nichts mit Puch zu tun. Denn Puch, wo wir uns heute befinden, ist laut Wikipedia ein Dorf, eine Ortschaft und zugleich Hauptort der Gemeinde Puch bei Hallein. Und die etwa 60 Puchs, die heute vor dem Pucher Kirchenwir­t stehen, sind Motorräder. Das ist geniale österreich­ische Ingenieurs- und Handwerksk­unst auf zwei Rädern.

Der Pucher Thomas Winterstel­ler weiß alles über Puch-Motorräder. Wenn er über Puch erzählt, dann könnte man meinen, er hat alle 648 Seiten des eben erschienen „Großen Puch Buch“auswendig gelernt. Das Treffen beim Kirchenwir­t hat er gemeinsam mit Christian Rettenbach­er, dem Kirchenwir­t, organisier­t. Beide betonen, dass sie kein Verein sind. „Um Gottes Willen, nein“, sagt auch Günter Winterstel­ler, der Bruder von Thomas. Die jährlichen Treffen hätten sich seit 2002 „eher irgendwie“etabliert. Die Teilnehmer kommen aus Tirol, Oberösterr­eich und dem Tennengau. „Wenn Sie die DNA des Treffens kennenlern­en wollen – die steht da hinten“, sagen die Winterstel­ler-Brüder. Denn angefangen hat alles mit ihrem Vater Johann, einem Mechaniker alter Schule. „1956 habe ich mir eine Puch gekauft“, erzählt er. „Sie war gebraucht und ziemlich reparaturb­edürftig.“Seit sie in seinen Händen ist, läuft sie wie geschmiert. Sogar nach Bremen ist er 1956 gefahren. „80 km/h, zwei Tage, drei Reifenplat­zer“, erinnert er sich. „Das legendäre Grazer Puch-Werk, das immer ein Stolz Österreich­s war, wurde 1890 vom Slowenen Janez Puh in Graz gegründet“, erzählt Thomas. Erst Später nannte er sich Johann Puch. Sonst würden all die Motorräder heute „Puh“heißen.

Das Werk wurde übrigens erstmals 1925 durch einen Zufall gerettet: Der italienisc­he Finanzmagn­at Camillo Castiglion­e wollte es versilbern. Zu diesem Zweck schickte er den Bankmitarb­eiter Giovanni Marcelino nach Graz. Als dieser das Werk sah, war es um ihn geschehen. Der Banker konstruier­te einen Doppelkolb­en-Motor und überredete sei-

„Eine Puch begleitet einen ein ganzes Leben lang.“

nen Chef zum Weitermach­en. Das Wort „Bankenrett­ung“hatte damals also noch eine völlig andere Bedeutung. Langsam wird klar: Wer Puch mag, der muss ein lieber Mensch sein. Da steckt keine Marketing-Maschine dahinter – nur Zuneigung. „Stimmt“, sagt Günter. „Sie war da – und wir sahen, dass sie gut war.“Seitdem pflegen sie ihre Puchs. Sie stehen da wie neu – obwohl das Werk 1987 endgültig stillgeleg­t wurde.

Einigen wir uns also darauf: Puch ist eine positive Lebenseins­tellung. Und zwar beide Puchs.

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Unter den mehr als 60 leidenscha­ftlichen Puch-Fahrern: Heidi und Ferdinand Hillinger.
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Der Kirchenwir­t Christian Rettenbach­er (l.) und Thomas Winterstel­ler haben das Puch-Treffen in Puch „eher irgendwie“etabliert.
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