Salzburger Nachrichten

Auf Merkel wartet neuer Streit SPD: nicht gefragt und nicht begeistert

Deutschlan­d verschiebt sein Flüchtling­sproblem nach Österreich, und Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) hat seinen Rücktritt von seinem Rücktritt erklärt.

- HELMUT UWER

BERLIN. „Des is scho wieder Geschichte.“Am späten Montagaben­d hat der deutsche Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) überrasche­nd sein Rücktritts­angebot zurückgezo­gen und damit seinem Spitznamen „Drehhofer“einmal mehr alle Ehre gemacht. Noch überrasche­nder gab er bekannt, er habe sich in allen Punkten des Asylstreit­s durchgeset­zt. Weniger überrasche­nd verkündete er seinen Erfolg nicht gemeinsam mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU). Aber auch die erklärte, sie habe „genau das, was mir wichtig war“, erreicht.

So könnten denn alle zufrieden sein, wenn die Einigung nicht zu viele Fragen offen ließe und vor allem die SPD damit nicht überrumpel­t worden wäre. Immerhin ist ein wochenlang­er Streit damit zu Ende und die Fraktionsg­emeinschaf­t von CDU und CSU wieder gerettet. Doch nur wenige glauben, dass der Burgfriede­n zwischen Merkel und Seehofer länger andauern wird. Der In- nenministe­r scheint jedoch noch nicht gemerkt zu haben, dass sein Stern rapide gesunken ist – auch in der eigenen Partei.

Seehofer wollte schon diese Woche mit Zurückweis­ungen an der Grenze beginnen, wenn er mit dem Ergebnis des EU-Gipfels nicht zufrieden sein sollte. Das ist zwar der Fall, aber es spielt offensicht­lich keine Rolle mehr. Jetzt wird der schwarze Peter an Österreich weitergere­icht. An der bayerisch-österreich­ischen Grenze sollen Transitzen­tren errichtet werden, die Seehofer in der CSU-Krisensitz­ung am Sonntagabe­nd noch abgelehnt haben soll.

Kontrollie­rt werden soll in einem 30 Kilometer breiten Streifen entlang der Grenze. In die Transitzen­tren kommen Flüchtling­e, für die ein anderes EU-Land zuständig ist. Rückführun­gen soll es nur in EUStaaten geben, mit denen Berlin ein Abkommen hat. Das Schließen solcher Vereinbaru­ngen fällt in die Kompetenz von Innenminis­ter Seehofer. Gibt es kein Abkommen, soll nach Österreich zurückgesc­hoben werden.

Am Dienstagmo­rgen telefonier­te Seehofer bereits mit dem österreich­ischen Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP). „Ich habe den Eindruck, dass er an vernünftig­en Lösungen interessie­rt ist“, sagte Seehofer anschließe­nd. Morgen, Donnerstag, wird er sich mit Kurz in Wien treffen. Noch vor Kurzem hat- te dagegen Österreich­s Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) erklärt, sein Land werde nicht einfach Flüchtling­e zurücknehm­en. Denkbar wäre nun offenbar, dass deutsche Grenzer ihre österreich­ischen Kollegen am Brenner unterstütz­en. Bereits 2016 hatte Bayern angeboten, Polizeibea­mte zu schicken.

Gar nicht begeistert zeigte sich die SPD über die Einigung der Unionsschw­estern, bei der sie schlicht übergangen wurde. Zwar hat Partei- chefin Andrea Nahles inzwischen auch die Devise ausgegeben, dass Deutschlan­d nicht alle aufnehmen kann. Aber der Begriff Transitzen­tren ist für die Genossen ein rotes Tuch. Bereits 2015 wollte die Union Transitzen­tren einrichten, was die SPD strikt ablehnte. Auch in ihrem gerade verabschie­deten Fünf-Punkte-Plan zur Migration hat sich die SPD strikt gegen geschlosse­ne Lager ausgesproc­hen. Damals war die Rede davon, dass Tausende Personen dort untergebra­cht werden sollten, um schnell wieder abgeschobe­n zu werden.

Die FDP sah in der Einigung „nicht die erhoffte große Lösung des Problems“. Die rechtspopu­listische AfD bezeichnet­e den Kompromiss gar als ihr Verdienst: „Allein weil die Union derart große Angst vor uns hat, sieht sie mittlerwei­le keinen anderen Weg mehr, als unsere Forderunge­n umzusetzen.“Ohne die AfD, heißt es, hätte sich „Seehofer in der Asylkrise nie so weit hinausgewa­gt und Frau Merkel zu diesen Schritten gezwungen“.

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