Die Chefs reisen in die Zukunft
Gerade eine Kunstuniversität will Manager lehren, das Ungewisse selbst zu gestalten. Ein spannendes Unterfangen. In Linz beginnt’s.
LINZ. „Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben“, hat Albert Einstein gesagt. Doch diese Zukunft ist ungewiss wie eh und je und kommt noch dazu immer schneller auf uns zu. Also wollen in der Wirtschaft alle schnell und agil sein. „Bringt nichts“, sagt Michael Shamiyeh, Professor an der Kunstuniversität Linz und an der US-Eliteuni Stanford sowie Gründer und Leiter des Centers for Future Design in Linz. Stattdessen brauche es vor allem Orientierung.
Die will Shamiyeh gemeinsam mit Experten von Weltrang wie dem Wirtschaftsinformatiker Walter Brenner von der Uni St. Gallen oder Larry Leifer, Direktor des Centers for Design Research in Stanford, Führungskräften in einem für Österreich einzigartigen Programm an der Kunstuniversität Linz bieten. „Wir können keine Prognosen für die Zukunft abgeben, aber wir können die Zukunft dennoch gestalten“, betont der Pro- fessor. Und da genüge nicht die alte Methode, das Kerngeschäft eines Unternehmens in der Gegenwart zu adaptieren. Auch der heutige Zugang vieler Manager, die Kunden zu fragen, was sie denn wollten, greift für Shamiyeh zu kurz. „Hätte Sony einst gefragt, was sich Kunden wünschten, wäre wohl kaum ein Walkman dabei herausgekommen“, erklärt er. Shamiyeh selbst hat jahrzehntelange Erfahrung im Bereich Architektur und Design sowie im strategischen Management. Auf die gemeinsame erste Zukunftsreise des Centers for Future Design will er 14 Führungskräfte aus den Bereichen Strategie, Konzernleitung und Innovation mitnehmen. In der sollen sie Bilder und Geschichten aus der Zukunft erstellen. Da tauchen Fragen auf wie: Was wäre im Idealfall möglich? Wie schaut die Zukunft aus, die ich mir wünsche?
Shamiyeh und seine Experten bieten den Managern Methoden an, die diese dann selbst in Projekten für ihr Unternehmen anwenden sollen. Eine Methode heißt Reframing und bedeutet so viel wie, dass Dinge ins Gegenteil verkehrt und Denkweisen der Vergangenheit abgelegt werden, um etwas anders zu machen. So wie einst Canon mit Minolta nicht noch mehr große Kopierer an Unternehmen verkaufen wollte, sondern anders gedacht hat. Dabei kam der Tischkopierer heraus. Weil sie sich vorgestellt haben, dass Sekretärinnen nicht gern in eine zentrale Kopierstelle laufen, sondern schnell bei sich am Tisch kopieren wollen. Innerhalb weniger Jahre hat das Konsortium mit dem Tischkopierer übrigens die Hälfte des Kopier-Kerngeschäfts für sich verbuchen können.
„Wie schaut die Zukunft aus, die ich mir wünsche?“