Salzburger Nachrichten

England überwindet sein Trauma

Die „Three Lions“qualifizie­rten sich auf dramatisch­e Art und Weise als letztes Team für das WM-Viertelfin­ale. Gegen Kolumbien gewann England endlich wieder ein Elfmetersc­hießen.

- SN, dpa

WM-Star Harry Kane hat mit England im Elfmetersc­hießen die ultimative Nervenprob­e bestanden und im Thriller von Moskau eine ganze Fußballnat­ion vom K.o.Fluch erlöst. Die „Three Lions“bezwangen an einem Marathonab­end Kolumbien, das auch ohne den verletzten Superstar James Rodríguez verbissen kämpfte, mit 4:3 im Elfmetersc­hießen und schürten die Hoffnungen auf den ersten Titel seit 1966. Carlos Bacca scheiterte mit Kolumbiens letztem Elfmeter an Torhüter Jordan Pickford, Eric Dier schoss England ins Glück.

Kane verwandelt­e dabei an einem denkwürdig­en Fußballabe­nd im Spartak-Stadion von Moskau zuvor einen Foulelfmet­er in der 57. Minute sicher, ehe Yerry Mina (90.+3) die Engländer vor die ultimative Nervenprob­e stellte. Sieben Mal fiel die Entscheidu­ng über das Weiterkomm­en in K.o.-Spielen der Engländer zuvor im Elfmetersc­hießen – sechs Mal verloren sie. Zuletzt fünf Mal in Folge.

Die insgesamt coole Truppe von Trainer Gareth Southgate holte gegen die ruppig agierenden Südamerika­ner den ersten Sieg in einem K.o.-Duell seit zwölf Jahren und zog im Nachsitzen verdient in das Viertelfin­ale ein. In Samara will der frühere Weltmeiste­r am Samstag nun auch Schweden ausschalte­n.

Ein Bluterguss in der rechten Wade machte einen Einsatz von James, dem WM-Torschütze­nkönig von 2014, unmöglich. Der 26-Jährige gehörte nicht einmal zum Kader, sondern saß im Trainingsa­nzug dicht am Spielfeld nur auf der Tribüne – und sah einen temporeich­en Auftakt. Beide Mannschaft­en versuch- ten zunächst, mit wenigen Ballkontak­ten das Mittelfeld zu überbrücke­n und in die Spitze vorzudring­en. Effektiv war das nicht, mit einem Kopfball in der Rückwärtsb­ewegung hatte Kapitän Kane noch die beste englische Chance (16.).

England hatte nach zwei Erfolgen zum Auftakt im abschließe­nden Gruppenspi­el gegen Belgien (0:1) nur eine B-Mannschaft aufs Feld geschickt und so den möglichen Gruppensie­g vergeben. Southgate wechselte beim Weltmeiste­r von 1966 nun auf gleich neun Positionen und vertraute der Elf, die schon zum Auftakt Tunesien 2:1 geschlagen hatte. Auch Kolumbien hatte in der Vorrunde zwei Mal gewonnen und musste sich als Erster nur Japan geschlagen geben (1:2). Kane hatte bei seinen bisherigen beiden WM-Einsätzen zuvor bei sechs Versuchen fünf Mal getroffen, auch gegen die Südamerika­ner arbeitete der 24-Jährige von Tottenham viel. Der Stürmer brachte sich immer wieder in Position und gefiel durch sein gutes Stellungss­piel, während auch Jesse Lingard im Mittelfeld einen guten Job machte. Auf der Gegenseite wurde Radamel Falcao, der sich weder beim FC Chelsea noch Manchester United durchsetze­n konnte, kaum gefährlich. Die Partie verlor bis zur Halbzeit deutlich an Tempo, das Fehlen von James konnten die Cafeteros nicht kompensier­en.

In Führung gingen die „Three Lions“wieder durch Kane, der seinen dritten Strafstoß bei der Endrunde verwandelt­e. Zuvor war er selbst von Carlos Sanchez gefoult worden. Mit seinem sechsten Treffer in Russland insgesamt schloss er zu Gary Lineker auf, der 1986 als bislang einziger Engländer so oft bei einer WM erfolgreic­h war.

Anschließe­nd wurde es immer hektischer. Schiedsric­hter Mark Geiger aus den USA hatte große Mühe damit, die Gemüter zu beruhigen, wirkte oft überforder­t und verteilte viele Gelbe Karten. Die zunächst beste Chance für Kolumbien hatte Juan Cuadrado, der aus einer guten Position verzog. In der Nachspielz­eit traf Uribe nach der ersten kolumbiani­schen Ecke per Kopf doch noch zum Ausgleich. Für Uribe war es das dritte Kopfballto­r bei dieser WM.

Am Ende sollten dennoch die Engländer jubeln – über den Aufstieg ins Viertelfin­ale und das Ende ihres Elfer-Traumas.

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BILD: SN/AP Jubel, Trubel: Englands Helden Trippier, Pickford und Kane (v.l.).

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