Lasst unsere Herzen nicht versteinern!
Zu „Kluge Politik blickt über die Grenzen“von Martin Stricker (SN vom 30. 6.): Danke für das letzte Drittel Ihres Leitartikels!
Es ist unfasslich, wie fantasielos, scheinbar ohne jegliches Empathie-Empfinden, ohne Geschichtskenntnisse und der daraus erwachsenden Verantwortung für den durch Jahrhunderte ausgebluteten Süden, ohne Kenntnis der immer noch erbarmungslosen Ausbeutung dieser Länder, ohne effizientes Engagement etwa gegen Waffenexporte, ohne wirkungsvolle Aufstockung von Entwicklungshilfegeldern, immer noch und zunehmend (!) Politiker sich an der Migrationsdebatte scheinheilig vorbeimogeln.
Und es ist beschämend, dass die Bevölkerung unseres Landes, eines der weltweit wohlhabendsten Länder, offenbar mehrheitlich dazu schweigt! Die Regierung behauptet, ein Mehr an Hilfe wäre unzumutbar und die einzige Alternative daher: Grenzen dicht machen!
Natürlich kann man nicht weltweit alle Not beseitigen. Aber ruhigen Gewissens zu behaupten, unser Boot sei voll, ist eine Schimäre! Lebensmittel werden vernichtet, Wohnungen stehen leer, ehrenamtliches Engagement wird massiv behindert, Reichtum wird angehäuft. Und wenn im öffentlichen Dienst Arbeitsplätze eingespart werden müssen, weil in unserem Land die Lohnnebenkosten zu hoch sind, dann werden Menschen, die vor Verfolgung, Krieg und Hungertod geflohen sind, diese Lücken liebend gern bei sehr viel weniger Bezahlung ausfüllen.
Wohl nur ein Tag in einem der Flüchtlingslager würde reichen, um Politikern, die nur auf Grenzenschließen setzen, die Augen zu öffnen. Berichte über derlei Lager gibt es zur Genüge. Aber das reicht offenbar nicht. Anstatt verzweifelte Familien mit ihren Kindern in eine ungewisse und lebensgefährliche Zukunft abzuschieben, sollte eine Sondermaschine alle populistisch argumentierenden Politiker in die Krisenregionen fliegen, damit sie hautnah das unfassliche Elend etwa verhungernder Kinder erleben und die Verzweiflung der Eltern! Nicht auszudenken, es wären unsere Kinder, unsere Enkelkinder! Unfasslich!
Wachen wir doch auf. Lassen wir nicht zu, dass unsere Herzen versteinern! Es geht um Menschen, Menschen wie du und ich! Robert & Hedi Wychera,