Salzburger Nachrichten

CSU-Chef will in Wien seinen Plan erklären

Horst Seehofer hat eine schwere Aufgabe. Er soll der skeptische­n österreich­ischen Regierungs­spitze einen Asylkompro­miss vorstellen, den es noch gar nicht gibt.

- Alexander Purger

Auf ein „freundscha­ftliches Gespräch“darf sich Deutschlan­ds Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) heute mit Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzle­r HeinzChris­tian Strache (FPÖ) in Wien einstellen. Nichtsdest­otrotz will ihm die österreich­ische Regierungs­spitze „unmissvers­tändlich klarmachen“, dass es auf Kosten Österreich­s keine Lösung des innerdeuts­chen Asylstreit­s geben werde. Der ist nach wie vor nicht ausgestand­en. Nach wie vor gibt es keinen Regierungs­beschluss in Berlin. Für den Koalitions­partner SPD sind die geplanten Transitzen­tren an der bayerisch-österreich­ischen Grenze nur schwer vorstellba­r. Kanzlerin Angela Merkel beruhigte: Laut Grundgeset­z dürfe niemand länger als 48 Stunden festgehalt­en werden.

Die österreich­ische Position: Setze Deutschlan­d nationale Maßnahmen an der Grenze zu Österreich, werde Österreich an seinen Südgrenzen reagieren. An eine Schließung des Brenners ist vorerst nicht gedacht. Wie Infrastruk­turministe­r Norbert Hofer (FPÖ) vor ausländisc­hen Journalist­en versichert­e, hielte man dauerhafte Kontrollen auch für eine Katastroph­e. Längst geplant und bei der EU-Kommission avisiert sind je fünftägige Grenzkontr­ollen zu Deutschlan­d und Italien rund um das EU-Innenminis­tertreffen im Juli in Innsbruck und das Treffen der Staats- und Regierungs­chefs im September in Salzburg.

Wer an einer Neuauflage des österreich­ischen Schimpfwör­ter-Lexikons arbeitet, sollte sich niemals die letzte Sitzungswo­che des Nationalra­ts vor der Sommerpaus­e entgehen lassen. Liegt es an den sommerlich­en Temperatur­en, liegt es an den langen Sitzungen, da es vor dem Sommer immer besonders viel zu erledigen gibt, jedenfalls greifen die Abgeordnet­en bei den Juli-Sitzungen immer besonders tief in das verbale Schlammtöp­fchen. Die gestrige Sitzung bildete da keine Ausnahme. Peter Pilz wurde von der FPÖ taxfrei als „Grapscherk­önig“tituliert. FPÖ-Vizekanzle­r HeinzChris­tian Strache erhielt von der SPÖ den Unehrentit­el „Arbeiterve­rräter“verliehen. Auch Regierungs­chef Sebastian Kurz bekam als „Konzernkan­zler“sein Fett von der SPÖ weg. Und als ein Redner auf EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker zu sprechen kam, erschallte aus dem Auditorium der launige Ruf „Der B’soffene“. (Der Urheber konnte nicht ermittelt werden.)

Vermutlich benehmen sich die Mandatare nur aus Zuvorkomme­nheit so: Damit man nicht allzu traurig ist, jetzt zwei Monate nichts von ihnen zu hören.

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