Ein „freundschaftliches Gespräch“mit Seehofer
Der deutsche Innenminister kommt heute nach Wien. In der Asylfrage zwar prinzipiell einig mit Türkis-Blau, muss er diesmal die Wogen glätten.
WIEN. Um die Mittagszeit wird Deutschlands Innenminister Horst Seehofer (CSU) heute, Donnerstag, in Wien erwartet. Die von Österreich gewünschte klare Regierungsposition, wie es nun um die Zurückweisung von Asylsuchenden an der Grenze zu Österreich steht, wird er nicht im Gepäck haben. Es gibt sie schlicht noch nicht, wie die Debatte in Deutschland (Seite 6) zeigt. Es kann sie frühestens Donnerstagabend und damit nach Seehofers Wien-Besuch geben. Dann tagt der Koalitionsausschuss in Berlin, bei dem um das Ja der SPD zum CDU/ CSU-Kompromiss gerungen wird.
Mit einem Regierungsmandat ist Seehofer also nicht ausgestattet, wenn er heute Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Vizekanzler Heinz-Christian Strache und Innenminister Herbert Kickl (beide FPÖ) trifft. Der Blitzbesuch hat atmosphärische Gründe: Prinzipiell sind zwar alle vier Herrschaften für einen restriktiven Kurs in der Asylfrage; im konkreten Fall muss Seehofer aber bei seinen Freunden in Wien die Wogen glätten, da die neue deutsche Asylpolitik zulasten Österreichs gehen soll.
Im Kanzleramt hieß es am Mittwoch, es werde ein „freundschaftliches Gespräch, wie es sich unter Nachbarn gehört“. Man erwarte von Seehofer eine Erläuterung der drei Punkte des CDU/CSU-Kompromisses. Er zielt darauf ab, Asylbewerber, die bereits in anderen EULändern registriert wurden bzw. Asylanträge gestellt haben (DublinFälle), an der Einreise zu hindern. Sie sollen in Transitzentren an der bayerisch-österreichischen Grenze untergebracht und von dort aus direkt in die zuständigen Länder zurückgewiesen werden – sofern es gelingt, bilaterale Abkommen mit diesen Ländern zu schließen. In sich hat es insbesondere Punkt 3. Da heißt es: Sollten einzelne bilaterale Abkommen nicht zustande kommen – und speziell bei Italien, aber auch bei Tschechien deutet nichts darauf hin –, werden die DublinFälle an Österreich zurückgewiesen. Auf Basis einer Vereinbarung.
Auf dem Ballhausplatz wurde am Mittwoch wiederholt, was bereits am Dienstag deponiert worden war. Kurz-Sprecher Hannes Frischmann: „Wir werden dem deutschen Innenminister unmissverständlich klarmachen, dass Österreich bestimmt kein Abkommen abschließt, das zum Nachteil unseres Landes und der österreichischen Bevölkerung sein wird. Wenn Deutschland Maßnahmen setzt, wird das einen Dominoeffekt Richtung Süden auslösen. Auf dieses Szenario und alle Eventualitäten sind wir vorbereitet und werden entsprechende Schritte an unserer Südgrenze setzen.“
Apropos Dominoeffekt: Ungarns Premier Viktor Orbán gibt sich in der „Bild“-Zeitung gesprächsbereit über ein bilaterales Asylabkommen mit Deutschland. Freilich: „Die Reihenfolge kann nur sein: Verhandlungen zwischen Deutschland und Österreich, dann zwischen Österreich und Ungarn. Und erst zum Schluss zwischen Ungarn und Deutschland.“
Am Tag vor dem Seehofer-Besuch hatte Kanzler Kurz im Parlament noch einmal die Gelegenheit, zu betonen, wie sehr die EU unterdessen auf die von ihm propagierte Linie eingeschwenkt sei. Den Ball hatte ihm die Liste Pilz mit einer Dringlichen Anfrage aufgelegt. Sie warf der Regierung vor, Österreich zum Teil der „Achse der Mutwilligen“zwischen München, Wien und Budapest gemacht zu haben.
„Wenn Deutschland Maßnahmen setzt, löst das einen Dominoeffekt aus.“Hannes Frischmann, Kurz-Sprecher