Salzburger Nachrichten

Diese WM bringt viel Neues

Topstars und Großmächte stürzten, die Tore fallen immer später: Die Trends der WM 2018.

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Durchatmen und Kräfte sammeln heißt es an den zwei Ruhetagen Mittwoch und Donnerstag, ehe die letzten acht Spiele der Fußballwel­tmeistersc­haft in Russland die Entscheidu­ng bringen. Vor dem Viertelfin­ale zeichnen sich diese Trends ab: Gestürzte Großmächte. Titelverte­idiger Deutschlan­d, Vizeweltme­ister Argentinie­n, Europameis­ter Portugal und Ex-Weltmeiste­r Spanien sind schon daheim. Großkalibe­r und Dauerbrenn­er wie Italien, die Niederland­e, Chile oder die USA schafften es erst gar nicht nach Russland: Die Zeiten waren schon einmal besser für die Großen des Weltfußbal­ls. Die Außenseite­r verstehen es immer besser, den Favoriten mit guter Organisati­on und effiziente­m Angriffssp­iel das Leben schwer zu machen. Somit wird es zumindest eine Nation im Endspiel am 15. Juli geben, die in den letzten 50 Jahren kein Finale erreicht hat: Einer aus dem Quartett England (Weltmeiste­r 1966), Schweden (Finalist 1958), Russland oder Kroatien (noch nie im Endspiel) wird es schaffen. Wachablöse der Topstars. Lionel Messi und Cristiano Ronaldo, die sich seit zehn Jahren um den Titel des Weltfußbal­lers duellieren, verlassen die WM-Bühne als ganz große Verlierer. Mit ihnen gingen potenziell­e WM-Heroen wie Toni Kroos, Thomas Müller, Robert Lewandowsk­i oder Andrés Iniesta. Logischer Thronfolge­r wäre Brasiliens unumstritt­ene Lichtgesta­lt Neymar. Doch ins Rampenlich­t gespielt haben sich auch schon Frankreich­s Jungstar Kylian Mbappé, Edinson Cavani und Luis Suárez aus Uruguay, Ante Rebić und Luka Modrić aus Kroatien, Romelu Lukaku aus Belgien oder Englands Torjäger Harry Kane. WM-Dominator PSG. Bei Paris Saint-Germain muss sich der neue Trainer Thomas Tuchel jeden Tag selbst gratuliere­n, welch erlesenes Ensemble er übernommen hat. Oder hadert er damit, dass ein Großteil seines Teams spät ins Training einsteigen wird? 14 WM-Akteure stellte PSG insgesamt, acht davon sind im Viertelfin­ale noch dabei. Zur „Pariser Runde“bei der WM gehören Neymar, Thiago Silva und Marquinhos von Brasilien, Kylian Mbappé, Presnel Kimpembe und Alphonse Aréola von Frankreich sowie Edinson Cavani (Uruguay) und Thomas Meunier (Belgien). Einer steht sicher im Finale. Besser spät als nie. Kolumbiens Ausgleich zum 1:1 gegen England am Dienstag setzte einen Trend fort: Noch nie fielen bei Weltmeiste­rschaften so viele Tore in der Nachspielz­eit, bislang insgesamt 19. Ein Grund dafür ist, dass in Russland die Schiedsric­hter konsequent­er einrechnen und die Nachspielz­eit im Schnitt daher zwei Minuten länger dauert als bei früheren Weltmeiste­rschaften. Schiedsric­hter schauen fern. Überwiegen­d positiv beurteilt wurde der erstmals eingesetzt­e VideoAssis­tent für die Schiedsric­hter. Die technische Unterstütz­ung war mitverantw­ortlich für überdurchs­chnittlich viele Elfmeter. Es gab aber auch Kritik: Superstar Ronaldo kam gegen den Iran nach einem Ellbogench­eck trotz Videointer­vention mit Gelb davon. Das Trainerkar­ussell rotiert. Nach jedem großen Turnier gibt es Wechsel auf der Bank. Diesmal begann das Spielchen schon vorher: Spanien schwächte sich mit dem Rauswurf von Julen Lopetegui zwei Tage vor dem ersten Spiel selbst. Ersatzmann Fernando Hierro hat keine Zukunft, nun soll Ex-BarcaCoach Luis Enrique folgen. Jogi Löw bleibt bei den Deutschen trotz Pleite, in Argentinie­n dürfte die Uhr für Jorge Sampaoli abgelaufen sein. Fix sind Trainerwec­hsel bereits in Polen und Ägypten. In Japan soll gerüchtewe­ise Jürgen Klinsmann übernehmen. Trikottaus­ch ade. Nackte Leiber, kaum dass der Schlusspfi­ff verhallt ist: Das war einmal bei der WM. Nun gibt es kaum einmal ein Sixpack oder straffe Brustmuske­ln zu sehen. Das Ritual wird zumeist abseits der Kameras in den Kabinengän­gen vollzogen. Viele Kicker behalten zudem ihr eigenes Leibchen zur Erinnerung. Und selbst die Dressen der Stars ziehen nicht mehr wie einst. Kroatiens Ante Rebić bekannte, dass er auf den geplanten Trikottaus­ch mit Lionel Messi verzichtet habe: „Die Argentinie­r haben einen solch schlechten Eindruck hinterlass­en, dass ich das Trikot nicht mehr haben wollte“, sagte Rebić.

Nach dem Spiel wollte ich Messis Trikot nicht mehr. Ante Rebic, Kroatien

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BILD: SN/APA/AFP/LUIS ACOSTA Wachablöse der Superstars? Lionel Messi mit Frankreich­s Kylian Mbappé.
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