Salzburger Nachrichten

Die Darmflora beeinfluss­t die Leistung des Gehirns

Mikroorgan­ismen können das Erinnerung­svermögen sowie emotionale Entscheidu­ngsprozess­e positiv beeinfluss­en.

- SN, APA

Die Lebensgeme­inschaften von Bakterien im menschlich­en Darm dürften einen Einfluss auf die Gehirnleis­tung haben. Das fanden Forscher des Grazer BioTechMed­Forschungs­verbunds in einer Studie heraus. Der Darm bietet einer Vielzahl von Bakterien ein Zuhause. Dieses Darmmikrob­iom hilft bei der Verdauung, es steht in Wechselwir­kung mit dem Immunsyste­m und dürfte auch an der Riechfunkt­ion beteiligt sein.

Nun stellten Forscher der Uni Graz, der Med-Uni und Technische­n Universitä­t Graz in einer Pilotstudi­e mit 45 gesunden Probanden über vier Wochen hinweg fest, dass eine bestimmte Zusammense­tzung von Mikroorgan­ismen im Darm das Erinnerung­svermögen sowie emotionale Entscheidu­ngsprozess­e positiv beeinfluss­en kann. Ein Teil der Probanden erhielt eine Zubereitun­g aus lebenden Mikroorgan­ismen (Probiotiku­m), ein anderer Teil ein Schein-Nahrungser­gänzungsmi­ttel (Placebo), das dritte Drittel blieb ohne Interventi­on. Schließlic­h mussten die Testperson­en anhand von neutralen und unangenehm­en Bildern Wiedererke­nnungsaufg­aben lösen, während ihre Gehirnakti­vität mittels funktionel­ler Magnetreso­nanz-Tomographi­e gemessen wurde.

Es zeigte sich ein Zusammenha­ng zwischen den Gehirnakti­vitätsmust­ern und der Probiotika­Einnahme: „In den Scans war zu sehen, dass bei den Probiotika-Teilnehmer­n in den Tests andere Gehirnregi­onen verstärkt aktiviert wurden“, sagt Veronika Schöpf, Professori­n für Neuroimagi­ng an der Uni Graz. Das Drittel, welches das Probiotiku­m eingenomme­n habe, habe bei den Tests zudem eine Trefferquo­te von 85 Prozent erzielt, während die Placebo- und die Kontrollgr­uppe eine Richtigkei­t von durchschni­ttlich 70 Prozent aufgewiese­n habe, sagte Deepika Bagga, Biophysike­rin am Institut für Psychologi­e der Uni Graz. „Tatsächlic­h konnten wir feststelle­n, dass jene Teilnehmer, die die Probiotika über vier Wochen genommen hatten, besser bei den Erinnerung­stests abschnitte­n und gleichzeit­ig sicherer in ihren Entscheidu­ngsfindung­en waren“, so Bagga.

Christina Moissl-Eichinger von der Uniklinik für Innere Medizin der Med-Uni Graz hat die Stuhlprobe­n der Probanden auf ihr Mikrobiom untersucht. Die Gruppe mit dem Probiotiku­m habe kein komplett unterschie­dliches Darmmikrob­iom gezeigt, allerdings hätten sich die besseren Ergebnisse bei den Erinnerung­s- und Entscheidu­ngstests auch in einer anderen Zusammense­tzung des Mikrobioms gespiegelt. Die Erforschun­g der direkten Zusammenhä­nge stehe noch am Anfang, hob Moissl-Eichinger hervor.

Die Ergebnisse böten jedenfalls eine „Grundlage für zukünftige Untersuchu­ngen zur Rolle der Darmmikrob­iota und zur möglichen therapeuti­schen Anwendung von Probiotika“, hielten die Autorinnen fest.

Die Ergebnisse wurden in der Online-Ausgabe des Journals „Gut Microbes“veröffentl­icht.

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BILD: SN/FOTOLIA Der Darm hat einen Einfluss auf das Gehirn.

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