Salzburger Nachrichten

Das ganz große Spektakel gab es noch nicht zu sehen

Warum ich glaube, dass sich Frankreich im Viertelfin­ale gegen Uruguay durchsetze­n wird. Und Rekordwelt­meister Brasilien auch Belgien eliminiert.

- GAST KOMMENTAR Adi Hütter

Die richtig spektakulä­ren Partien, in denen sich die Nationalte­ams Torchance um Torchance erarbeiten, habe ich im Achtelfina­le dieser WM noch nicht gesehen. Fußballeri­sche Leckerbiss­en vermisste vor allem jener Fan, der auf Spiele hofft, in denen es zu einem offenen Schlagabta­usch kommt. Für mich als Trainer war es aber auch überaus reizvoll, diese Partien, die vor allem von der Spannung lebten, genau zu beobachten. Auch wenn sie für das Auge wenig Aufregende­s zeigten. Die bisherigen Spiele dieser Titelkämpf­e waren sehr viel von Taktik geprägt. Alle Mannschaft­en legten sehr viel Wert darauf, dass alle Spieler disziplini­ert in der Defensive arbeiten, um dem Gegner keine Torchance zu ermögliche­n. Für das Auge bot zum Beispiel die Partie Kolumbien gegen England wenig Spektakel. Aber ein Trainer sieht ein Spiel auch mit anderen Augen. Es beeindruck­te mich, wie es sowohl die Kolumbiane­r als auch die Engländer immer wieder geschafft haben, dem Gegner das Toreschieß­en fast unmöglich zu machen. Wie sich die Abwehrreih­en immer wieder richtig verschoben haben und dem Ballführen­den das Leben schwer gemacht wurde, das war eine Defensivta­ktik wie aus dem Lehrbuch.

Ich bin aber überzeugt, dass sich in den Viertelfin­alspielen das bisher gute Niveau dieser WM noch einmal heben wird. Es wird interessan­t sein, zu beobachten, wie die Franzosen die abwehrstar­ke Truppe von Uruguay in Verlegenhe­it bringen wollen. Frankreich besitzt für mich das größere Potenzial. Die Elf ist spielstark, dynamisch sowie robust und verfügt über schnelle Spieler. Kylian Mbappé ist eine echte Waffe im Angriff. Ich glaube, dass sich die Franzosen durchsetze­n werden, aber erst nach Kampf, vielleicht erst nach Elfmetersc­hießen. Denn gegen Uruguay will keiner gern antreten. Das Spiel der Südamerika­ner ist ekelig, im positiven Sinn.

Bei Belgien gegen Brasilien schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Mir gefällt das schnelle Spiel der Belgier ebenso gut wie die Tricks der Ballzauber­er vom Zuckerhut. Leider wird es die Belgier erwischen, weil Brasilien auch gelernt hat, knallhart zu verteidige­n und in der Offensive immer zu Möglichkei­ten kommt. Neymar und seiner Mannschaft wird es dazu entgegenko­mmen, dass die Belgier versuchen werden, das Spiel mit einer starken Offensivle­istung zu entscheide­n. Und wenn Brasilien kontern kann, dann sieht jede Mannschaft schlecht aus. Aber vielleicht findet der belgische Coach ein Mittel, um den Brasiliane­rn die Spielräume zu nehmen. Überrasche­n würde es mich überhaupt nicht. Adi Hütter holte mit Young Boys Bern 2018 den Titel in der Schweiz und trainiert in der neuen Saison Eintracht Frankfurt. Hütter analysiert exklusiv für die SN die WM in Russland.

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