Salzburger Nachrichten

Herr Vianelli wird erster Giro-Glocknerkö­nig

Der Großglockn­er wird erstmals Arena für internatio­nalen Sport: Der Giro d’Italia gastiert.

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„Kleiner, drahtiger Italiener zeigte keinen Respekt vor dem Berg-Riesen.“So berichtete am Tag danach Walter Kumhart in den „Salzburger Nachrichte­n“aus den Hohen Tauern. „Unwiderste­hlich“sei der Italiener in den ersten Kehren davongezog­en. Er hieß Pierfranco Vianelli, war einst Mechaniker und der Berg war der Großglockn­er und erst weit oben, knapp unterhalb der FranzJosef­s-Höhe musste Vianelli der Steilheit „doch etwas Tribut zollen“. Gut, der 27-Jährige war mit dem Rad unterwegs und das schon seit 206 Kilometern. Aber auch wenn er ein bisserl nachließ: Der Vorsprung reichte und der Fahrer des Molteni-Teams, 1968 in Mexico City Olympiasie­ger, kam als Erster an. Es war der 6. Juni 1971. Es war die Premiere des Giro d’Italia auf Österreich­s höchstem Berg, dessen beeindruck­ende Kulisse damit erstmals die Bühne für ein Sportereig­nis von internatio­nalem Ausmaß bot. 40 Jahre später ging’s beim Giro noch einmal hinauf – aber nur bis zum Glocknerha­us, drei Kilometer unterhalb der Franz-Josefs-Höhe. Es siegt Rujano Guillén aus Venezuela.

Was beim Giro eine seltene Ausnahme ist, wurde bei der Österreich-Radrundfah­rt zur Sporttradi­tion der Zweiten Republik. Schon vier Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs war der Bergriese im Programm. Als Erster wurde der in Salzburg lebende Richard Menapace im Jahr 1949 „König“auf dem Glockner. Es war eine dramatisch­e Aufholjagd damals: In Heiligenbl­ut lag Menapace, der dann auch 1950 Erster am Glockner war, vier Minuten hinter dem Italiener Enrico Gandolfi, an der Bergwertun­g auf dem Fuscher Törl lag der Österreich­er jedoch zehn Minuten vor seinem schwer geschlagen­en Konkurrent­en.

Ein paar Tage nach der Giro-Premiere im Juni 1971 gab’s laut „Salzburger Nachrichte­n“einen „Österreich­er-Tag auf dem Großglockn­er“. Der Steirer Rudi Mitteregge­r passierte als Erster, vor dem Vorjahrssi­eger Rudolf Kretz und Wolfgang Steinmayr, das Hochtor: Die „gefährlich­en Ausländer, vor allem die Holländer Priem, van Poel und Schur“erlitten laut SN eine „vernichten­de Niederlage“. Im Gegensatz zur Giro-Premiere ein paar Tage zuvor war der Glockner bei der Österreich-Rundfahrt aber nicht Etappenzie­l, sondern wurde „nur“überquert.

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BILD: SN/GROHAG Giro d’Italia beim Fuscher Törl.

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