Salzburger Nachrichten

Zwölf Stunden, und was nun?

Länger arbeiten. Das dürfte für viele Arbeitnehm­er bereits nach dem Sommer im Bedarfsfal­l Realität werden. Das ergab ein Rundruf der SN.

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SALZBURG. „Mehr Flexibilit­ät ist nicht nur für uns, sondern auch für unsere Mitarbeite­r positiv“, sagt Manfred Santner, Geschäftsf­ührer von Liebherr in Bischofsho­fen. Für die 1000 Mitarbeite­r werde dennoch der Acht-Stunden-Tag und die 38,5-Stunden-Woche die Regel bleiben. Möglich gewesen seien ZwölfStund­en-Schichten im Ausnahmefa­ll schon bisher. „Vor allem in der Produktion sehen wir bis auf ganz wenige Auftragssp­itzen keinen Grund, länger zu arbeiten. Das würde die Produktivi­tät der Mitarbeite­r kaum erhöhen“, sagt Santner. Für die 130 Mitarbeite­r im Kundendien­st dagegen habe man schon bisher häufiger Ausnahmen gebraucht. „Wenn ein Kunde bei seiner Maschine einen Schaden hat, braucht er die Reparatur sofort, kommt der Techniker mit der Arbeitszei­t nicht aus, ersparen wir uns künftig komplizier­te Einzelanme­ldungen beim Arbeitsins­pektorat.“

Ins gleiche Horn stößt BaustoffLe­ube-Chef Rudolf Zrost. Beim Schichtpla­n im Zementwerk werde es keine Änderungen geben, sagt der frühere IV-Präsident in Salzburg. Bei Bedarf würde wie bisher mit dem Betriebsra­t über Änderungen bei der Arbeitszei­t verhandelt. Bei jenen Mitarbeite­rn, die den Beton lieferten, habe die Flexibilis­ierung aber Auswirkung­en. Zwar hätten die Leube-Mitarbeite­r im Transportb­eton auch jetzt schon länger gearbeitet, wenn der Kunde dringend Beton gebraucht habe, allerdings mit einer Freigabe der Geschäftsf­ührung. „Jetzt steht der Geschäftsf­ührer damit nicht mehr im Kriminal.“

Palfinger-Sprecher Hannes Roither sagt: „Durch den hohen Auftragsst­and sind wir derzeit bei der Auslieferu­ng unserer Krane massiv im Rückstau, natürlich wären da teils längere Arbeitszei­ten interessan­t.“Vorerst werde man gemeinsam mit dem Betriebsra­t eine Arbeitsgru­ppe einrichten. „Breitfläch­ig wird es sicher keinen ZwölfStund­en-Arbeitstag geben.“Ausnahmere­gelungen habe es auch bei Palfinger bisher vor allem bei Vertrieb und Service weltweit gegeben.

Bei Bosch sieht sich Österreich­Chef Klaus Peter Fouquet durch volatile Märkte mit zunehmende­r Auftragssc­hwankung in der Produktion gezwungen, „Flexibilis­ierungsins­trumente einzusetze­n, um wettbewerb­sfähig zu bleiben. Wir begrüßen die Pläne zur Flexibilis­ierung der Arbeitszei­t. Es muss möglich sein, in Ausnahmefä­llen an einzelnen Tagen länger arbeiten zu dürfen. Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r werden, wie auch bisher, aus persönlich­en Gründen Überstunde­n ablehnen können. Die Vereinbark­eit von Beruf, Familie und Freizeit der Mitarbeite­r weiterhin am Herzen.“

Tourismuss­precherin Petra Nocker-Schwarzenb­acher sagt, dass es einfacher und unbürokrat­ischer werde, länger arbeiten zu können. Die Möglichkei­t des Zwölf-Stunden-Tages dürfte vor allem in Saisonbetr­ieben gut ankommen. „Gerade junge Leute, die auf Saison gehen, wollen in dieser kurzen Zeit so viel Geld wie möglich verdienen.“Der Kollektivv­ertrag stehe aber über den nun getroffene­n gesetzlich­en liegt uns Vereinbaru­ngen. An der Wochenarbe­itszeit von 48 Stunden ändere sich in der Branche nichts, die konnte schon bisher bei Bedarf auf 55 Stunden ausgedehnt werden. Positiv sei, dass die tägliche Ruhezeit über Nacht von bisher elf auf acht Stunden verkürzt werde.

„Gerade in Ausnahmefä­llen wie bei Hochzeiten haben wir bisher die Gäste um ein Uhr ins Bett schicken müssen, wenn sie ab neun wieder ein Frühstück wollten“, sagt Hotelier und Neos-Abgeordnet­er Sepp Schellhorn. „Und in den Spitzenzei­ten wie bei den Festspiele­n in der Stadt Salzburg sind es meist die Mitarbeite­r, die länger arbeiten wollen, weil sie da viel Trinkgeld bekommen.“Glücklich mit der Gesetzesän­derung ist er dennoch nicht. „Weil die Regierung sie so rasch durchpeits­chen wollte, sind viel zu viele Fehler passiert“, kritisiert er. So etwa müsse jeder in der dritten Führungseb­ene einen All-in-Vertrag bekommen. „Bei mir wäre das jeder Teamleiter, der fünf Mitarbeite­r unter sich hat.“

Mehr Flexibilit­ät, wenn auch keine gravierend­en Änderungen, erwartet sich Branchenob­mann Peter Buchmüller für den Handel. „Teilzeitbe­schäftigte etwa könnten auf Wunsch bereits mit zwei Tagen auf 24 Stunden kommen.“Auch in Spitzenzei­ten wie vor Weihnachte­n seien Zwölf-Stunden-Tage vielleicht interessan­t. „Generell ziehen meine Mitarbeite­r und ich selbst als Kaufmann aber den 6-Stunden-Tag vor.“

Wie schnell Firmen jetzt reagieren, merkt man in der Salzburger Arbeiterka­mmer. „Schon in den vergangene­n Tagen haben sich etwa 20 Betroffene bei uns gemeldet, denen von ihrem Dienstgebe­r neue Arbeitsver­träge vorgelegt wurden“, sagt Heimo Typplt, Leiter der Rechtsabte­ilung. Vertraglic­h sollten sie sich dazu verpflicht­en, bei Bedarf Überstunde­n zu leisten. „Die von der Regierung so betonte Freiwillig­keit, länger zu arbeiten, haben sie damit umgangen.“

„Viele Junge wollen länger arbeiten.“

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BILDER: SN/FOTOLIA, BILDERBOX Ob in Industrie, Gastgewerb­e oder Handel: Etliche Betriebe werden die flexiblere Arbeitszei­t nutzen.
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Petra Nocker, Tourismus-Obfrau

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