Im Handelskrieg schlägt China zurück
Peking reagiert auf Zölle mit Zöllen – muss aber wohl schon bald auf unkonventionelle Maßnahmen umschalten. Doch auch für die USA könnten die verhängten Strafzölle leicht nach hinten losgehen.
PEKING. Der Schlagabtausch im Handelskrieg zwischen den USA und China wird härter. Auf amerikanischer Seite sind am Freitag Zölle auf Waren mit einem jährlichen Handelsvolumen von gut 40 Mrd. Dollar (34 Mrd. Euro) in Kraft getreten, sie treffen 818 Produkte vor allem im Hightech-Bereich. Noch am gleichen Tag hat China Einfuhren ähnlich stark belastet. „Die USA haben den größten Handelskrieg der Geschichte losgetreten“, wetterte Chinas Handelsministerium. „Wir sind nun gezwungen, nötige Gegenmaßnahmen einzuleiten.“Am späten Freitagabend wurde noch bekannt, dass China auch eine Klage gegen die USA bei der Welthandelsorganisation (WTO) eingereicht hat.
Schon vor zwei Wochen hatte China eine Liste mit Waren vorgelegt, auf die nun höhere Zölle fällig werden, darunter Elektroautos und Agrarprodukte. Die USA exportieren massenhaft Sojabohnen, Obst, Weizen und Wein nach China. Bauern der agrarisch geprägten USBundesstaaten fürchten bereits, zu den ersten Opfern des beginnenden Handelskriegs zu gehören.
Die US-Zölle betreffen vor allem Elektroprodukte. Präsident Donald Trump will dem Aufstieg Chinas zum Technikanbieter entgegenwirken und das Land für früheren Ideenklau strafen. Das Paket könnte jedoch einen Effekt haben, den Trump nicht bedacht hat.
Denn China ist nicht nur der weltgrößte Produzent für Elektronik, sondern auch Drehscheibe für Zwischen- und Endfertigung. Damit sind auch Lieferketten von Firmen betroffen, für die China nur Zwischenstation im globalen Herstellungsprozess ist. Viele kommen aus den USA und tragen Namen wie HP, Dell oder Apple. Eine Störung dieser Beziehungen kann sich in den betroffenen Branchen wellenartig um den Globus fortsetzen. Da dabei der Preis oft eine große Rolle spielt, könnten die Zölle den Firmen durchaus schaden.
Haben die Kontrahenten in der dritten Runde des Handelskonflikts noch Zölle in vergleichbarer Höhe verhängt, so wird sich der Charakter des Konflikts in der nächsten Runde verändern. Trump hat schon mit neuen Belastungen auf Waren im Wert von mehr als 200 Mrd. Dollar gedroht. Hierauf kann China jedoch nicht mehr mit eigenen Zöllen reagieren: Es importiert einfach nicht genug aus den USA.
Neben den Zöllen und der Klage bei der WTO gibt noch andere Vergeltungsmöglichkeiten. China könnte etwa die Vergabe von Krediten an die US-Regierung drosseln. Das Land kauft nämlich vor allem US-Staatsanleihen, um die im Handel verdienten Dollar anzulegen. Auch ein Verbot amerikanischer Filme und Fernsehserien käme infrage. Schon zeichnet sich eine Abwertung der chinesischen Währung ab, die eigene Waren auf dem Weltmarkt verbilligen würde.
Peking könnte auch eine Propagandakampagne starten, die die USA als Feind darstellt – Folgen wären wohl ein Boykott von US-Produkten und eingeworfene Scheiben bei Starbucks.
Chinas Politiker versuchen noch immer, eine Eskalation zu vermeiden, und senden hinter den Kulissen Kompromissangebote nach Washington. Das zeigt die Wortwahl des Handelsministeriums: Es sei Zeit für den „notwendigen“Gegenangriff, neue Zölle seien an den USAngriff „angepasst“, man wolle eine „angemessene“Reaktion.
Chinas Staatsmedien spielen die Folgen des Konflikts herunter, doch die Führung ist offenbar besorgt. „Die Entscheider befürchten bei Fortsetzung des Streits eine deutliche Verlangsamung des Wachstums“, sagt ein Ökonom des Wertpapierhauses Nomura. Das zeige auch die lockere Geldpolitik und gesteigerte Konjunkturförderung.
Die USA sind in höchstem Maß an Einfuhren aus China gewöhnt. Das beginnt bei preiswertem Stahl als Ausgangsprodukt für viele Branchen. Noch stärker ist die Abhängigkeit der USA von Mikrochips. Hier hat China einen Weltmarktanteil von 60 Prozent.