Diese WM wird stark von Frauen geprägt
Iranerinnen dürfen ins Stadion, eine Moderatorin wird zur Aufregerin und Russinnen begehren gegen russische Männer auf.
Soll noch einer sagen, Fußball habe nichts mit Politik zu tun. Und soll noch einer behaupten, Fußball habe wenig mit Frauen zu tun. Das Gegenteil ist der Fall, wie diese Weltmeisterschaft zeigt. Denn abseits des zentralen Themas, welche Mannschaft den Titel holt, geht es seit Wochen auch viel um Frauen. Und diesmal dreht es sich nicht um harmlose Themen wie Spielerfrauen und deren Outfits, nein, es geht um ernste Gesellschafts- und Frauenpolitik. Denn es ist mehr als eine freundliche Geste, wenn der Iran erstmals seit 40 Jahren sein Stadionverbot für Frauen aufhebt. Das ist ein Meilenstein auf dem Weg zu einer anderen Wahrnehmung von Frauen und ihren Rechten in diesem autoritären Land.
Auch die deutsche Fußball-Moderatorin Claudia Neumann hat mit der Hetzjagd gegen sie mehr als eine öffentliche Erregung über Hasspostings ausgelöst. Namhafte Verlage sehen sich gezwungen, laut darüber nachzudenken, warum Frauen in den Sportredaktionen kaum vertreten sind, und die Verantwortlichen fühlten sich bemüßigt, zu erklären, was sie dagegen zu tun gedenken.
In Russland wiederum nutzen die Russinnen die hohe Aufmerksamkeit durch die FußballWeltmeisterschaft dafür, gegen die patriarchale Machogesellschaft aufzubegehren. Da entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet russische Männer in ihrem Geifer über ihrer Meinung nach gar zu lebenslustige weibliche Fans den Frauen Gehör verschaffen. Denn ein paar leichter bekleidete Russinnen, die ausgelassen mit ausländischen Fußballfans feierten, genügten, um den Zorn mancher russischer Männer zu entfachen. So sehr, dass sie in sozialen Netzwerken über „Nutten, die dem Land Schande bereiten“, wüten. Sie beleidigen im Netz Frauen und stellen sie bloß. Als bisheriger Höhepunkt hat sich der russisch-ukrainische Autor Platon Besedin so weit verstiegen, zu behaupten, „wir haben eine Generation der Schlampen erzogen“. Doch die Frauen lassen sich den Mantel der Sittenlosigkeit nicht umhängen. So ruft etwa die populäre Bloggerin Lena Miro Russinnen auf, zu ihren männlichen Landsleuten Nein zu sagen, weil die Ausländer beim Kontakt mit Frauen viel gepflegter und aufmerksamer als einheimische Männer seien. Das soziale Netzwerk VKontakte droht, Gruppen mit frauenfeindlichen und rassistischen Kommentaren zu schließen.
Gewalt gegen Frauen und die Beschneidung ihrer Rechte sind in Putins Russland ein großes Thema. So wurde heuer häusliche Gewalt per Gesetz von einem Strafrechtsdelikt zu einer bloßen Ordnungswidrigkeit herabgestuft. Dies vor dem Hintergrund, dass häusliche Gewalt in Russland weitverbreitet ist. Russische Männer sollten zuerst über sich nachdenken, bevor sie die russischen Frauen beschimpfen. Ziemlich sicher, dass es an ihnen selbst liegt, warum Russinnen Spaß mit anderen suchen.