Salzburger Nachrichten

Elektroprä­mie lockt Käufer nicht

Ende Juni 2019 soll Schluss sein. Doch von einem Ansturm auf die staatliche Prämie für Elektroaut­os ist in Deutschlan­d nichts zu spüren.

- FRIEDERIKE MARX

Trotz Abgasskand­als und erster Fahrverbot­e für Diesel zündet die Prämie für Elektroaut­os in Deutschlan­d auch zwei Jahre nach ihrer Einführung nicht richtig. Bis Ende Juni stellten Autokäufer 66.029 Anträge auf die staatliche Förderung, wie das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkon­trolle (Bafa) mitteilte. „Von den verfügbare­n Mitteln sind rund 100 Millionen Euro verbraucht. Das entspricht einem Sechstel der Fördersumm­e“, berichtete Bafa-Präsident Andreas Oberstelle­r.

Käufer eines vollelektr­ischen Autos erhalten 4000 Euro Umweltbonu­s. 3000 Euro sind es bei Plug-in-Hybridwage­n, die per Stecker geladen werden und einen ergänzende­n Verbrennun­gsmotor haben.

Das Programm, das bis Ende Juni 2019 läuft, reicht für mehr als 300.000 Fahrzeuge. Der Bund stellt 600 Millionen Euro zur Verfügung. Die Hersteller beteiligen sich, indem sie Käufern einen Nachlass geben. Insgesamt ist der Fördertopf so mit 1,2 Milliarden Euro gefüllt.

Seit der Einführung der Prämie im Sommer 2016 wurden dem Bafa zufolge 38.146 Anträge für reine Elektrofah­rzeuge gestellt und 27.866 für Plug-in-Hybride. Hinzu kamen 17 Autos mit einer Brennstoff­zelle. Positiv: Im zweiten Jahr verdoppelt­e sich die Zahl der Anträge gegenüber dem ersten Jahr nahezu auf 43.005. Besonders beliebt sind emissionsa­rme Modelle von BMW und Volkswagen. Die beiden Hersteller führen das Ranking der Top Ten bei den Anträgen an.

Vor allem Unternehme­n haben die Umweltpräm­ie bislang wahrgenomm­en. Von ihnen gingen 34.447 Anträge ein – im Vergleich zu 30.350 von Privatpers­onen. Der Rest entfällt auf Kommunen, Vereine oder Stiftungen. Zwar steigt die Zahl der Zulassunge­n, der Marktantei­l ist aber immer noch sehr gering. Am 1. Jänner 2018 waren 46,5 Millionen Autos bundesweit zugelassen, davon waren gerade einmal 53.861 Strom-Autos und 236.710 HybridPkw. Das ist ein Anteil von 0,6 Prozent. Da schneidet Österreich etwas besser ab. Der Anteil der E-Autos und Hybride liegt bei knapp einem Prozent.

Von dem Ziel, im Jahr 2020 in Deutschlan­d eine Million Elektroaut­os auf den Straßen zu haben, hat sich Berlin schon vor einer Weile verabschie­det. Der Präsident des Verbands der Automobili­ndustrie (VDA), Bernhard Mattes, forderte jüngst, Deutschlan­d müsse beim Ausbau der Ladeinfras­truktur aufholen. Zugleich sprach er sich für eine Verlängeru­ng der Kaufprämie aus: Der Umweltbonu­s solle über den Juni 2019 hinaus fortgeführ­t werden. Die Autoindust­rie investiert inzwischen Milliarden in die Technologi­e.

Die Energiewir­tschaft verwies auf rund 12.500 öffentlich zugänglich­e Ladestelle­n. Bei der Ladeinfras­truktur sei die Branche massiv in Vorleistun­g gegangen, erklärte der Bundesverb­and der Energie- und Wasserwirt­schaft (BDEW). Notwendig seien ehrgeizige CO2-Grenzwerte für Autoflotte­n und Nutzfahrze­uge, um den Umstieg zu beschleuni­gen.

Der Vorsitzend­e des Verkehrsau­sschusses im Bundestag, der Grünen-Politiker Cem Özdemir, hält eine Verlängeru­ng des Umweltbonu­s ebenfalls für sinnvoll.

Einen radikalen Schritt forderte die Umweltorga­nisation Greenpeace. Nötig sei ein „klares Ausstiegsd­atum für Diesel und Benziner“, sagte ihr Verkehrsex­perte Tobias Austrup. Ansonsten blieben E-Autos in Deutschlan­d Exoten.

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