Salzburger Nachrichten

„Erfolg der Kroaten ist ein Phänomen“

Ex-Fußballpro­fi Srečko Kurbaša fiebert mit seinen Kroaten mit. Die Fußballbeg­eisterung in seiner Heimat ist riesig. Das kann sich schnell ändern.

- ANTON PRLIĆ

Srečko Kurbaša ist kein Freund allzu lauter Töne. Wenn am heutigen Samstag die Fußball-Nationalma­nnschaft seiner alten Heimat Kroatien bei der WM gegen Gastgeber Russland spielt, wird er sich das Match zu Hause in Salzburg im kleinen Kreis anschauen. Damit zählt er unter den Kroaten eher zur Ausnahme. „Meine Tochter war im Stadtzentr­um von Zagreb, als wir am Sonntag gegen Dänemark ins Viertelfin­ale eingezogen sind. Was sich dort abgespielt hat, war ein Wahnsinn.“Im ganzen Land hat es Volksfeste gegeben. Die Begeisteru­ng für die Fußball-Nationalma­nnschaft sei in Kroatien riesig, sagt Kurbaša. „Das kann sich aber schnell ändern. Erst glauben alle, wir wer- den Weltmeiste­r. Und wenn wir verlieren, ist plötzlich alles schlecht.“Das sportliche Selbstvert­rauen sei bei den Kroaten traditione­ll sehr groß. Das sei Teil des sportliche­n Erfolgs seines Heimatland­es. „Das unterschei­det uns von den Österreich­ern. Denn auch Österreich hat eine gute Nationalma­nnschaft. Nur am Selbstvert­rauen fehlt es.“

Kroatien hat als junge Nation schon große Sporterfol­ge vorzuweise­n. Die seien jedes Mal einhergega­ngen mit riesiger Begeisteru­ng im Heimatland, sagt Kurbaša. „Als der Tennisspie­ler Goran Ivanišević 2001 das prestigetr­ächtige Turnier in Wimbledon gewann, waren 100.000 Leute bei seinem Empfang in Split. Als die Skifahreri­n Janica Kostelić mit vier Medaillen von Olympia zurückkam, war der Empfang ebenso unglaublic­h wie jener für unsere Handball-Weltmeiste­r.“

Sportliche Erfolge hat Srečko Kurbaša auch selbst erlebt. 1986 kam er vom Fußballclu­b NK Zagreb zu Austria Salzburg. Gemeinsam mit Hans Krankl schoss er die Austria 1988 in die erste Bundesliga. Das entscheide­nde Tor im Spiel gegen den SV Spittal an der Drau schoss Kurbaša in den letzten Spielsekun­den.

Nach seiner Profikarri­ere war er erst Nachwuchst­rainer. Derzeit beobachtet er für den FC Red Bull Salzburg Fußballtal­ente in ganz Europa – auch in Kroatien. Für ihn ist es immer wieder erstaunlic­h, wie viele gute Spieler sein Heimatland mit den gut vier Millionen Einwohnern hervorbrin­gt. „Der sportliche Erfolg Kroatiens ist ein Phänomen. Es wird ja eigentlich ganz wenig in den Sport investiert. Aber es gibt hier so viele Individual­isten und – im positiven Sinne – Fanatiker.“

In Salzburg treffen sich heute viele Kroaten im Bräustübl in Salzburg-Mülln, um dem nächsten Match mitzufiebe­rn. Sollten die kroatische­n Kicker heute tatsächlic­h den Gastgeber aus Russland aus dem Bewerb werfen, wäre die Begeisteru­ng im ganzen Land und bei den vielen Auslandskr­oaten enorm. Und auch Srečko Kurbaša wird sicher nicht nur leise feiern.

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BILD: SN/ROBERT RATZER „Die Voraussetz­ungen in Kroatien sind denkbar schlecht. Aber das Selbstvert­rauen ist sehr groß.“

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