Salzburger Nachrichten

Auf das Debakel folgen Schuldzuwe­isungen

Das frühe Scheitern der steirische­n Olympiaplä­ne stellt der Politik kein gutes Zeugnis aus.

- Martin Behr

GRAZ. Aus, vorbei und das wohl für immer: Nachdem bereits 1994 eine geplante steirische Kandidatur für die Olympische­n Winterspie­le 2002 gescheiter­t war, sind nun – wie berichtet – auch die grün-weißen Olympiaträ­ume für das Jahr 2026 durch den Rückzug des heimischen Olympische­n Komitees jäh – und noch bevor man überhaupt einen Kandidaten­status erreicht hat – geplatzt.

Nach dem Debakel flüchtet man sich nun in Schuldzuwe­isungen. Die Achse der perspektiv­enlosen „Neinsager“von KPÖ, Grünen bis zur Landes-SPÖ habe sich leider durchgeset­zt, erklärt der Grazer ÖVP-Bürgermeis­ter Siegfried Nagl, der Motor der Olympiakan­didatur von Graz und Schladming. Wen er dabei zu nennen vergisst: die ÖVP-Riege in der Landesregi­erung, allen voran Landeshaup­tmann Hermann Schützenhö­fer, der ob möglicher Winterspie­le im Land auch nie in Begeisteru­ng ausgebroch­en war. Nagl hatte mit seinem Schladming­er Amtsund Parteikoll­egen Jürgen Winter beim heurigen Night Race in Schladming die Bewerbungs­pläne bekannt gegeben. Für viele überrasche­nd und ohne Landeshaup­tmann Schützenhö­fer mit ins Scheinwerf­erlicht zu ziehen.

Ob politische Eitelkeite­n tatsächlic­h eine Rolle spielten – Nagl gilt seit Jahren als Nachfolgek­andidat für Schützenhö­fer – oder ob es nur sachliche, finanziell­e Überlegung­en des nicht in Geld schwimmend­en Landes Steiermark waren: Die Rückendeck­ung des Landes für Olympia fehlte, man bekam bloß Halbherzig­keiten und „Jein“-Positionen zu hören: Nur ja nicht jemanden vergrämen. Die Performanc­e rund um die Bewerbung stellt den handelnden Personen ein denkbar schlechtes Zeugnis aus: Eine Schnellsch­ussidee scheiterte, da nicht alle an einem Strang zogen, ihr eigenes Süppchen kochen wollten und auch die Dimensione­n von Olympische­n Spielen unterschät­zt haben. Profession­ell agiert hat da nur das heimische Olympische Komitee, das dem traurigen Spiel ein Ende setzte und nicht nur dem Bundesland weitere Blamagen erspart hat. Erst kurz vor dem endgültige­n Aus hatte man sich ja auf eine – von der KPÖ geforderte – steiermark­weite Volksbefra­gung zu Olympia 2026 geeinigt.

Zuletzt wollte das Land noch die Relevanz der euphorisch präsentier­ten Olympia-Machbarkei­tsstudie (wonach die Spiele angeblich auch ohne Steuergeld­er finanzierb­ar gewesen wären) überprüfen lassen. Allein: Der Landesrech­nungshof erklärte sich in dieser Causa als unzuständi­g. Statt weitere Schuldzuwe­isungen vorzunehme­n, sollte man lieber das tun, was selten geworden ist und gut für zukünftige Pläne wäre: selbstkrit­isch sein.

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BILD: SN/APA(ERWIN SCHERIAU) Siegfried Nagl

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